Wandungen und der Dächer ausreichten, angefahren wurden, war es bereits Frühlingsanfang und unser ganzes Abenteuer schon in sein End- stadium getreten, so daß es zu einer solideren Gestaltung unserer Unter- kunft überhaupt nicht mehr gekommen ist,
Von ganz besonders lebenswichtiger Bedeutung war daher die Hei- zungsfrage. Wir haben in der kalten Zeit bei Tag und Nacht fortlaufend in unsere Barackenöfen an Steinkohlen und Briketts hineingedonnert, was nur hineinging. Am Tage trug der„Stubendienstverpflichtete” hierfür die Ver- antwortung und nachts war jeder, der einmal für kurze Zeit aufstehen mußte, feierlich verpflichtet, nach dem Ofen zu sehen und denselben erforderlichen- falls in Ordnung zu bringen. An Kohlen holten wir uns aus dem nahe- gelegenen Bahnlager, was wir brauchten. Es waren uns bestimmte und natürlich bei weitem nicht ausreichende Kohlenmengen zugebilligt wor- den, für die der Meister der Lokomotiv -Werkstatt jeweils Scheine aus- zuschreiben hatte. Wir haben diesem übergewissenhaften Beamten aber wenig Arbeit mit der Ausschreibung der Bezugsscheine gemacht, sondern alle Woche an Kohlen ins Lager gekarrt, was wir als unseren Bedarf festgestellt hatten, Die Bewohner der- um unseren Lagerplatz liegenden Häuser, die ständig unsere niedrigen Schornsteine qualmen sahen, haben sich bei den Behörden oft darüber beschwert, daß die„Juden” offen- sichtlich viel mehr Feuerungsmaterial verbrauchten als der einheimischen Bevölkerung zur Verfügung stände, Unsere Neider bedachten dabei nicht, daß sie in ihren Häusern erheblich wärmer saßen als wir, und auch die Bahnverwaltung, die doch schließlich selbst für die ganze Sache verantwortlich war, weil sie unser Lager nach Kleinbahn-Sparsamkeits- grundsätzen hatte errichten lassen, war gegenüber der für uns daraus entstehenden winterlichen Notlage völlig verständnislos. Es erfolgte von dort Verwarnung über Verwarnung, um die wir uns, wie um vieles, was uns im Falle der Beachtung die Weiterexistenz unmöglich gemacht hätte, allerdings nicht gekümmert haben.
Die vier Holzbuden, aus denen sich unser Lager zusammensetzte, be- standen aus zwei größeren, einer kleinen und einer ganz kleinen Bude, Die beiden größeren Buden, unsere Wohnbaracken, lagen so eng neben- einander, daß sich die Innenwände fast berührten und daß sie sich gegenseitig wenigstens nach der einen Richtung Windschutz boten. Die Türen waren, wie sich dies bei Gefängnissen gehört, von innen nicht verschließbar und wir haben die ganze Zeit unseres Aufenthalts nicht nur mit offenem Lagertor, sondern auch mit offenen Haustüren ge- schlafen. Wer zu uns bei Tage oder bei Nacht in die Stube kommen wollte, konnte dies ungehindert jederzeit tun. Bei Nacht war die Diebstahlsgefahr, was unsere Vorräte und sonstigen Effekten anlangte, nicht groß, da von den über 20 Mann, die in den zwei unmittelbar in- einander übergehenden Stuben jeder Baracke wohnten, meistens der eine oder der andere wach war oder jedenfalls beim Eintritt eines Un- befugten wohl aufgewacht wäre. Am Tage war immer der eine oder der
andere von uns als Kranker in den Baracken anwesend. Im Gegensatz zu den von innen nicht verschließbaren Türen waren die Fenster, wie
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