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uns her in die Luft und wir beeilten uns, das Lager hinter uns zu bringen und ihn seinem Zorn zu überlassen.
Trotz der noch herrschenden Pechfinsternis fanden wir die uns unbe- kannte Straße und alsbald auch die auf ihr dahinziehende Kolonne, an die wir, etwa 30 Mann, uns hinten anhängten. Es gab dabei eine geräusch- volle, mit schlimmsten Drohungen gespickte Auseinandersetzung mit der holländischen Wachmannschaft, die mit schußbereiten Gewehren, die Läufe nach unten gekehrt, zu beiden Seiten der Kolonne hintrottete und gleichfalls äußerst aufgebracht darüber war, daß wir zu spät kamen und uns erlaubt hatten, das Lager ohne bewaffnete Bedeckungsmannschaft zu verlassen, was strengstens verboten war. Den Finger am Abzug der entsicherten Gewehre, umringten uns nun die Wachleute auf dem weite- ren Marsch von allen Seiten, da wir ihnen nach der frühmorgendlichen Erfahrung als ganz besonders gefährliche Elemente erschienen, während die vor uns marschierenden Russen fast ohne Bedeckung weiterzogen, Wir nahmen dies mit Gleichmut hin und ich hatte bald für einige Zeit fast ganz vergessen, wo ich war, denn mir wurde, als ich Wiesen, Wald und Heide sah, erst ganz bewußt, daß ich über zwei Wochen lang in der grauen Öde des Lagers und seiner näheren Umgebung kaum das kleinste Stückchen Natur erblickt hatte, Es war schon gegen Mitte November und alles sehr spätherbstlich, ja fast schon winterlich, Aber die Birken hatten noch einiges Laub und Tannen, Wacholder und Heide, wenn diese auch braun und verdorrt war, trotzten der Jahreszeit, Als noch die späte Morgensonne über die Landschaft schien, war mir der Marsch, der im ganzen etwa zwei Stunden dauerte, wie ein langentbehrter Genuß,
Die Baustelle, auf die wir an diesem Tage gelangten, hieß Schwane- wede. Es wurden dort in dem Heidesand tiefe Gräben zur Verlegung von Kanalröhren ausgehoben und nach Legen der Rohre wieder zugeschüttet, Das war die gegebene Arbeit für eine Farger Kolonne. Es waren noch andere Arbeitskolonnen aus weiteren Konzentrationslagern der Um- gegend und auch aus Lagern freier ausländischer Arbeiter da, so daß auf den Dünen von Schwanewede ein Völkergewimmel wie auf einem riesi - gen Ameisenhaufen herrschte, Die Leitung der Arbeit hatten holländische Poliere, die Mussertleute, also niederländische Nationalsozialisten waren und sich uns gegenüber noch unangenehmer gebärdeten als unsere hollän- dische Wachmannschaft, Wir wurden an einen großen Graben, der zu- nächst zugeworfen werden mußte, trotz unserer Einwendungen, einzeln zwischen eine russische Arbeitskolonne gesteckt. Ich hatte neben mir auf der einen Seite offenbar einen Tartaren, auf der anderen einen Ko- saken und mir gegenüber einen Mongolen, war also nach Mittel- und Ost- asien geraten, Ich hatte es damit aber gut getroffen, da sich die Ange- hörigen der genannten Völkerschaften als recht harmlose Naturkinder herausstellten, Andere Schicksalsgenossen waren in einer schwierigeren Lage, zumal sie alle nicht russisch konnten. Wir Imis haben uns dann aber doch schon im Verlauf der ersten Stunden wieder zusammenzufin- den verstanden und trotz aller dagegen gerichteten Schimpfereien und Drohungen der holländischen Nazipoliere, deren„Einsatzmaßnahme“ uns
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