Polen und Russen hatten nämlich verstanden, sich einen heimlichen Postweg zu verschaffen, ist niemals bekannt geworden. Jedenfalls hat dieser Offizier vorgezogen, über das Ergebnis seiner Ermittlungen auf diesem Gebiet zu schweigen und wir haben uns nicht davon abhalten lassen, die für unsere Angehörigen so wichtige Briefpost während unseres ganzen Farger Aufenthaltes fortzusetzen.

Besonders wichtig war die illegale Post auch für unsere Lebensmittel- versorgung, Bei unserer Festnahme hatten die meisten von uns gewußt, daß dieerste Invasion 10 Tage in Farge gewesen war und ich hatte mich, so gut es ging, zu Hause so verproviantiert, daß ich für 14 Tage einigermaßen zu leben hatte, mit Ausnahme von Brot, das man in den eriorderlichen Mengen natürlich nicht mitnehmen konnte, Die Brotfrage wurde schon nach einigen Tagen akut, da die 23 Scheiben, die man in Farge täglich erhielt, kaum für den hohlen Zahn genügten. Da wir fast alle Lebensmittelmarken, insbesondere Brotmarken bei uns hatten, so mußten die wenigen Kameraden, die das Lager täglich verließen im wesentlichen handelte es sich nur um die beiden Aumund-Fahrer stets erhebliche Mengen Brot, dazu auch Wurst und Butter kaufen und mitbringen, Auch das war mit erheblichen Gefahren für sämtliche Be- teiligten verbunden, da wir bei unsererEinlieferung' sämtliche Lebens- mittelmarken und alles Geld, das wir mit uns führten, hatten abgeben müssen, Wenn also bei einer Durchsuchung unsererProviantkuriere die eingekauften Lebensmittel gefunden worden wären, so würde die Frage, wer die Marken und wer das Geld hierfür zur Verfügung gehabt habe, zu recht unliebsamen Konsequenzen geführt haben.

Da unser Aufenthalt in Farge , den unter uns die Vertrauensvollen auf einige Tage und die Informierten auf etwa 2 Wochen vorausgeschätzt hatten, sich unvorhergesehen verlängerte, wurde auch die Zuführung weiterer Lebensmittel von zu Hause zu einer dringenden Notwendigkeit. Die Häftlinge hatten zwar das Recht, nicht nur Briefe, sondern auch Pakete von ihren Angehörigen zu empfangen, Wie die Briefe der Gestapo - zensur, so unterlagen aber die Pakete der Öffnung und Durchprüfung durch den Lagerkommandanten, Die zurersten Invasion gehörigen Schicksalsgenossen, die ja völlig ununterrichtet gewesen und überdies im allgemeinen nur mit Lebensmitteln für 1 bis 2 Tage versehen waren, hatten, als sich ihr Aufenthalt verlängerte, von ihren Angehörigen zahl- reiche Lebensmittelpakete auf dem offiziellen Wege erhalten, und zwar mit dem Erfolge, daß der Kommandant sämtliche Pakete hatte öfinen lassen und den Inhalt der meisten, ganz egal, ob es sich dabei um Schwarz-, Weißbrot, verschiedenartigste Kuchen, Fett usw. handelte, zusammen- und durcheinandergeworfen hatte, um dann den ganzen Stapel in die Küche zu geben, mit der Anweisung, daraus zum Sonntag eine Brotsuppe für das gesamte Lager zu kochen, Der übrige Inhalt der Pakete, Fleisch, Wurst usw., war in einigen Fällen den Adressaten ausgeliefert worden, meistens aber verschwunden, zumal es auch über- wiegend gar nicht möglich war, bei diesem Verfahren die Adressaten noch ausfindig zu machen, Um einer Wiederholung dieser Erfahrung des

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