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schlechter als in den großen Konzentrationslagern war, nur ein kleiner Teil der Gefangenen das Lager überstand.
Der große Schatten Satans, der unaufhörlich über dem Lager stand, hieß„Gestapo “, Er materialisierte sich nur dann, wenn Beamte der ge- fürchteten Behörde zu einer„Vernehmung” oder sonstigen Seelentortur ins Lager kamen, Davon wurde dann nur im Flüsterton gesprochen, Ein zweiter nicht minder gefürchteter und ebenso finsterer Schatten, der nie- mals von Farge wich, war der Tod. Er wechselte jeden Tag, ja jede Stunde proteusartig seine grauenhafte Gestalt: Die Kugel, der Galgen, der Stock, der Hunger, die Kälte und nicht zuletzt der Flecktyphus, der zwar schon vor unserem Erscheinen erloschen war, aber noch wenige Monate früher die Lagerinsassenschaft auf 50% ihres damaligen Bestan- des dezimiert hatte. Wenn meine Schicksalsgenossen und ich auch ver- standen, bei dem furchtbaren Schauspiel, das sich rings um uns mit 500 bis 700 Menschen abspielte, deren Zahl durch tägliche Einlieferungen fortlaufend„aufgefrischt wurde”, großenteils Zuschauer zu bleiben, so waren wir doch für unseren ganzen Aufenthalt ständig in der Lage Dantes, der durch die Hölle ging, wir waren nämlich jeden Augenblick in Gefahr, in den Abgrund hineinzustürzen, der überall um uns war,
Trotz alles Furchtbaren, das Farge bedeutete, sagte ein deutscher Ar- beitshäftling, der einmal bei dem Marsch von der Baustelle zurück durch Regen und eisigen Wind neben mir in der sinkenden Abenddämmerung ging, durchfroren, müde und hungrig, als die abgedunkelten Lichter des Lagers vor uns auftauchten:„Nun sind wir bald zu Hause.” So seltsam ist das menschliche Herz.
5, Tageslauf der„Arbeitserziehung‘“.
Man sollte meinen, daß der erste Grundsatz, nach dem ein„Arbeits- erziehungs‘-Lager geleitet würde, in welchem arbeitsscheue und lässige Elemente an Ordnung und Pflichtbewußtsein gewöhnt werden sollen, die strengste Regelmäßigkeit des Tageslaufes sein müßte, Das Gegenteil war in Farge der Fall, Der Tag setzte sich für die„Insassen” des Lagers aus einer bunten Kette von Willkürakten zusammen, die immer wieder anders war, Das erste und grundsätzliche Axiom der Lagerführung bestand darin, die Häftlinge in dauernder Furcht und Unruhe zu halten. Das galt schon hinsichtlich des Beginns des sogenannten Arbeitstages. Hier war nur das eine sicher, daß der„Arbeitstag schon in der Stockfinsternis der zwei- ten Nachthälfte begann. Etwa um 4 Uhr morgens, manchmal aber auch um%4 Uhr, manchmal auch erst zwischen 4 und 5 Uhr, ertönte der scharfe Ton einer Trillerpfeife, der den Lagerinsassen anzeigte, daß sie nunmehr sich von ihren Strohsäcken zu erheben hatten, Manchmal kam aber auch die Pfeife gar nicht und die Wachleute oder auch der Lager- kommandant in eigener Person rasten durch die Baracken und trieben oder warfen die Häftlinge von ihren Lagerstätten. Dann ergab sich das Problem, ob man sich einigermaßen ungefährdet waschen und rasieren könne, Besonders die Russen wurden sehr häufig von den Wachleuten
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