verlaufen, mit dem ich mich später eng befreundet habe. Waclaff, der eine große Baustelle leitete, die zufälligerweise gerade in dem Ort Farge lag, hielt eine Konferenz mit etwa einem halben Dutzend Ingenieuren und sonstigen Mitarbeitern ab, als sich die Tür öffnete und der Gendarm, den Waclaff in dem kleinen Ort gut kannte, mit den Worten erschien, es tue ihm leid, aber Herr Waclaff müsse mitkommen, Auf die humor- volle Erwiderung Waclaffs, es sei doch hoffentlich nicht auf lange, er- widerte der Gendarm,es sei schon so, er komme nicht zurück", worauf alle Anwesenden völlig erstarrten und schließlich einer von ihnen, der zudem noch ein strammer Nationalsozialist war, mit der Faust auf den Tisck schlug und mit den Worten,da hört nun wirklich alles auf, aus dem Zimmer stürmte. Waclaff blieb nichts anderes übrig, als so, wie er ging und stand, ohne irgendeine Vorbereitung getroffen zu haben und ohne jedes Gepäck dem Gendarm zu folgen, der ihn in dem Arbeitserzie- hungslager Farge ablieferte, Als ich Waclaff, der so zwei Tage vor mir nach Farge gelangt war, dort kennenlernte, war er, ein blonder, hell- äugiger Hüne und überhaupt von Gestalt ein deutscher Siegfried, immer noch völlig verstört.

6. Die Reise nach Farge ,

Von den Polizisten eskortiert ging es durch großenteils zerbombte Straßen zum Hauptbahnhof, DieHäftlinge in den verschiedensten Zivil- anzügen, teilweise mit Hüten, teilweise mit Mützen als Kopfbedeckungen, teilweise hoch bepackt mit Rucksäcken und Decken, teilweise die ver- schiedensten Gepäckstücke, wie Koffer, Aktentaschen und Kartons in der Hand, gaben ein eigenartiges Bild ab. Die entgegenkommenden Passan- ten musterten uns erstaunt und einer meiner Bekannten, der unserem Zuge begegnete, sah ängstlich weg. Er war ein guter Nationalsozialist und hat mir später gestanden, er habe sich für das Dritte Reich geschämt. Am Bahnhofsportal stand gewissermaßen als letzter Gruß des jetzt von mir verlassenen bürgerlichen Lebens mein 15jähriger Sohn, dem ich noch zurufen konnte, wohin unsere Fahrt zunächst ging. In der Bahnhofshalle erregte das Räuberzivil, in dem wir auftauchten, erst auch erhebliche Sensation, und so ist es, wohin wir auf unserer Reise auch kamen, immer geblieben. Eine Uniform, wie sie die eigentliche OT, trug oder auch nur irgendwelche Ausrüstungsstücke haben wir niemals erhalten, Unsere Aus- rüstung war und blieb ausschließlich unsere eigene Angelegenheit,

Unsere Bewachung nahm mit ausgesuchter Gemütlichkeit die für den ganzenTransport erforderlichen Fahrkarten, während wir mitten in dem Gewühl standen, das in der Bahnhofshalle herrschte. Auch dort hätten wir noch alle ohne jede Schwierigkeit die Flucht ergreifen können wenn ‚auch niemand von uns an eine solche Sinnlosigkeit dachte, Die Polizeibewachung war eine Demütigung, keine Sicherungsmaßnahme, Als der Zug nach Vegesack kam, wurden wir von unserer Polizeibedeckung aufgefordert, in denSchutzwagen einzusteigen, Mit Rücksicht auf die Tieffliegerangriffe, die regelmäßig den Lokomotiven galten, wurde da-

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