in einem protestantischen, die andere in einem katholischen Landesteil, beschlossen hat, sich geistlicher Führung anzuvertrauen, was vor sechs Monaten noch ganz unmöglich gewesen wäre. Aber heute beginnt einem nicht allzu zahlreichen, aber aktiven Teil der Bevölkerung ein Licht aufzugehen, nicht dass sie irregeführt worden sind, nicht dass ihnen harte Zeiten bevorstehen, nicht dass sie vielleicht den Krieg verlieren, sondern dass die Dinge, die geschehen, sündhaft, und dass sie persönlich für jede barbarische Handlung, die begangen wurde, verantwortlich sind, nicht im moralischen Sinne natürlich, aber als Christen. Vielleicht erinnerst Du Dich, dass ich in Gesprächen vor dem Krieg den Standpunkt vertrat, man brauche nicht an Gott zu glauben, um zu den Ergebnissen zu gelangen, zu denen Du gekommen bist. Heute weiss ich, dass ich unrecht hatte, durch und durch unrecht.
Du weisst, ich
habe die Nazis vom ersten Tage an bekämpft, aber das Mass an Risiken und Opferwilligkeit, das jetzt und vielleicht morgen von uns gefordert wird, verlangt mehr als nur die rechten sittlichen Grundsätze, besonders da wir wissen, dass der Erfolg unseres Kampfes wahrscheinlich unseren vollkommenen Zusammenbruch als nationale Einheit bedeuten wird. Aber wir sind bereit, dem ins Auge zu schauen.
Das zweite grosse Aktivum, das wir langsam, aber stetig erwerben, ist folgendes: Die grossen Gefahren, denen wir gegenüberstehen, sobald wir die NS losgeworden sind, zwingen uns, uns ein Bild von dem Nachkriegseuropa zu machen. Wir können nur erwarten, dass wir unser Volk dazu bringen, diese Herrschaft des Schreckens und Grauens zu stürzen, wenn wir ihm jenseits der schreckenerregenden und hoffnungslosen unmittelbaren Zukunft ein Bild zeigen können, und zwar ein Bild, das so aussieht, dass die Menschen, die alle ihre Illusionen verloren haben, sich sagen: Es lohnt sich, danach zu streben, dafür zu arbeiten, dafür neu anzufangen und daran zu glauben. Für uns ist das Nachkriegseuropa weniger ein Problem von Grenzen und Soldaten, von überladenen Organisationen und grossen Plänen, als die Frage, wie das Bild des Menschen in den Herzen unserer Mitbürger wieder aufgerichtet werden kann. Das ist eine Frage von Religion und Erziehung, von Bindungen an Arbeit und Familie, von dem richtigen Verhältnis zwischen Pflichten und Rechten. Ich muss sagen: Wir haben unter dem unglaublichen Druck, unter dem wir arbeiten müssen, Fortschritte gemacht, die eines Tages sichtbar sein werden. Kannst Du Dir vorstellen, was es heisst, als eine Gruppe zu arbeiten, wenn Du das Telephon nicht benützen, keinen Brief aufgeben kannst, wenn Du nicht die Namen Deiner intimsten Freunde Deinen anderen Freunden nennen darfst, weil Du fürchten musst, einer von ihnen könne gefasst werden und unter Druck die Namen preisgeben?
Wir stehen jetzt nach Überwindung erheblicher Schwierigkeiten in Verbindung mit den christlichen Gruppen in den verschiedenen besetzten Gebieten ausser Frankreich, wo es, soviel wir sehen können, keine wirklich effektive Opposition auf fundamentaler Grundlage, sondern
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