Leben zum Tode versetzte. Am 30. Juli 1944 trafen unzählige Brand­bomben die Gefängnisgebäude, wobei verschiedene Dachstühle, Arbeits­baracken und vor allem die stattliche Anstaltskirche in Flammen auf­gingen. Letztere hätte noch durch die Feuerwehr gerettet werden kön­nen, aber wiederum war der Hinrichtungsraum mit der ,, Maschine" wichtiger und wurde anstelle des Gotteshauses gelöscht. Wie hätte man auch weiter arbeiten können ohne das Schafott, gab es doch allwöchent­lich zumeist zwei ,, Großschlachttage", wo 8, 10, 12 ja 18 Menschen hingerichtet wurden! So sind im ,, Dritten Reich" in Stadelheim etwa 1200 Zivilpersonen umgebracht worden: Männer, Frauen und halb­wüchsige Jungen, Kriminelle und Politische, Deutsche und Ausländer, unter letzteren besonders viele Polen und ein Teil der tschechischen Intelligenz, während die dort verwahrten Soldaten anfangs von militä­rischen Kommandos erschossen wurden, bis sich nicht mehr genügend Militär fand, das Kameraden niederschoß, und man daher auf den glücklichen Ausweg kam, die zum Tode verurteilten Soldaten als unwür­dig aus dem Heere auszustoßen und sie dann als Zivilisten vom Henker enthaupten zu lassen. Die Todeskandidaten aus der SS wurden kurz vor ihrer Erschießung von SS - Leuten abgeholt und im Lager Dachau bzw. Freimann hingerichtet.

In den ersten 40 Jahren seines Bestehens waren nur ganz wenige Hinrichtungen im Stadelheimer Gefängnis, da dort immer nur die im Oberlandesgerichtsbezirk München verurteilten Delinquenten geköpft wurden und noch dazu der bis 1912 lebende hochbetagte Prinzregent Luitpold jahrelang kein Todesurteil mehr unterschrieb, sondern alle Todeskandidaten zu lebenslänglichem Zuchthaus begnadigte. Es war daher die Armensünderzelle lange Zeit unbenutzt. Sie befindet sich im Erdgeschoß des Altbaues, ist etwa 3 bis 4 mal so groß wie eine normale Einzelzelle, hat ein gutes Bett, auf dem zu meiner steten Verwunderung mancher Delinquent oft noch bis kurz vor seiner Hinrichtung fest schlief und schnarchte, während ich in den Nächten vor der Vollstrek­kung schon daheim und noch weniger in der Armensünderzelle kein Auge zudrücken konnte. Ein großer Tisch mit mehreren Stühlen, ein Betschemel vor einem an der Wand hängenden Kruzifix vervollständig­ten die Einrichtung der Armensünderzelle, in der so viele Seufzer gen' Himmel gesandt wurden, bis früh dann die Sonne durch die nach Osten gelegenen Fenster hereinleuchtete und Punkt sechs Uhr die ,, Armen­sünderglocke" den gewaltsamen Tod eines unglücklichen Menschenkin­

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