Gefangenschaft für mich ein Gewinn wurde. In solchen Zeiten zeigt sich, wie sehr der Mensch des Gottesdienstes bedarf. Und wenn man jemals über die Notwendigkeit eines Gottesdienstes für Gefangene verschiedener Meinung sein sollte, so bitte ich Sie, verteidigen Sie ihn um derentwillen, die zum Gottesdienst gehen, nicht um ,, zu schmuggeln und Unsinn zu treiben", sondern aus ernster Lebensnotwendigkeit heraus, um ,, Gott zu dienen" in vollster Bedeutung, um anständige Menschen zu sein und zu bleiben..."
Ein holländischer Bankbeamter, der ebenfalls aus politischen Gründen inhaftiert war, schreibt am 12. März 1944 aus Amsterdam in etwas gebrochenem Deutsch: ,, Lieber Herr Pfarrer! Ich habe Ihnen versprochen damals im Januar 44, wenn ich wieder auf freien Fuß kommen sollte, Ihnen zu schreiben. Sie haben natürlich viele Briefe zu empfangen und darum stelle ich mich wieder neu vor. Ich bin der Holländer aus der Zelle 389. Am 23. Februar hat man mich auf Veranlassung von der Gestapo in Halle freigelassen und übergeben an das Arbeitsamt. Meine Stellung bei der Dresdener Bank( Berlin ) war nicht mehr da, weil Berlin nicht mehr, oder doch zum größten Teil nicht mehr existiert. Ich habe eine sehr gute Stellung bekommen in Halle und bin sehr glücklich. Ich hoffe, daß mit Ihnen alles noch in Ordnung ist, und daß die Kirche jeden zweiten Sonntag voll ist. Dank Ihnen habe ich sehr, sehr viel gelernt und denke oft sehr viel an Ihnen, weil Sie mir das Glauben an unseren Herr- Gott wieder gegeben haben. Jetzt bin ich mit Sonderurlaub sechzehn Tag in der Heimat und kann Ihnen sagen, daß nach ungefähr fünf Monaten Transportgefängnis es sehr schön ist. Wenn diese Tage wieder vorbei sind und die Arbeit in Deutschland mich wieder ruft, ich dankbar zu unserem Gott bin, daß ich alles mitgemacht habe, was bis heute gewesen ist. Ich empfehle meine holländischen Kameraden, die noch ins Gefängnis kommen, Ihnen an. Wir sind weit von unserem Hause und Familie, und wenn ein Mensch wie Sie einigemale zu uns sprechen kann, dann können wir vergessen all das Leid, was wir mitmachen müssen. Dankbar bin ich, daß der gute Gott Sie auf meinen Weg gebracht hat. Ich hoffe von Ihnen noch Nachricht zu bekommen und gebe untenstehend meine neue Adresse in Halle an. Daß Gott Sie bewahren soll vor allem Elend..."
Ein Schriftsteller und Privatgelehrter, dessen Name u. a. im ,, Zeitgenossenlexikon" vermerkt ist, schreibt:
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