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Diese von uns nicht einkalkulierte Pause sollte für viele noch verhängnisvoll und todbringend werden. Die SS ge­wann Zeit und nutzte sie aus, um die letzten ihrer fin­steren Pläne noch verwirklichen zu können. Häftlinge wurden bestimmt, die Maschinen und Anlagen in den DAW.- Betrieben sowie Gustloff - Werken zu vernichten. Sie weigerten sich jedoch, und die SS ging daraufhin selbst an die Zerstörungsarbeit. Neue Faktoren schalteten sich ein und traten auf. Beauftragte von Himmler , die Gestapo , Gauleiter Sauckel und der Oberbefehlshaber un­seres Wehrmachtsabschnitts verlangten die sofortige Eva­kuierung des Lagers. Wohin? das wußten sie selbst nicht. Unseren bisherigen Erfahrungen nach ging es ihnen hauptsächlich darum, die Masse der Häftlinge aufzu­splittern und auf den Transporten noch beträchtliche Teile ,, legal" zu vernichten. Die Vernichtung geschieht auf verschiedene Art: durch Genickschuß, Verhungern, Massenerschießungen auf freier Strecke oder dadurch, daß man die Häftlinge Bombenangriffen aussetzt. Die Würfel waren gefallen, die Evakuierung des Lagers be­gann. Freitag und Sonnabend gingen die ersten Transporte. Alle Kranken und Schwachen, die das Marschtempo nicht einhalten konnten, wurden beiseite genommen, durch Ge­nickschuß erledigt und liegengelassen. Von einem Trans­port mit 3000 Häftlingen blieben vom Lager Buchenwald bis zum Stadtrand Weimar an diesem Sonnabend 94 Lei­chen liegen. Das Ziel der Häftlinge im Lager war, die Evakuierung solange wie möglich zu verzögern. Sonntag, den 8. April, wurde befohlen, daß die gesamte Belegschaft des Lagers um 12 Uhr mittag abmarschbereit auf dem Appellplatz zu stehen habe. Trotz mehrmaliger Wieder­holung dieses Befehls durch den Lautsprecher rückte nicht ein Block zum Appellplatz hinauf. In Besprechung mit den Lagerältesten und anderen verantwortlichen Häftlin­gen stellte der Kommandant das Ultimatum, daß bis 14 Uhr 6000 Häftlinge abmarschbereit zu stehen haben. Wenn nicht, wird er 14 Uhr bewaffnete SS ins Lager 156