uns. Keiner ahnte, was wir in den nächsten Augenblicken erleben sollten. Plötzlich gaben einzelne Flieger ein uns bis dahin unbekanntes Zeichen. Wie glühende Lava floß die abgeworfene Masse, einem langen, starken Seil gleich, der Erde zu. Eines der Zeichen blieb in zackiger Form, fast einem Blitz ähnlich, am Himmel stehen. Im nächsten Augenblick krachte und knallte es schon in unmittelbarer Nähe. Die Luft war voll Heulen und Brausen.
Schlag folgte auf Schlag. Klirrend und pfeifend prasselten Steine, Erdklumpen und Dachziegel durch die Luft. In den Pausen der Einschläge sprangen wir auf und rannten in Richtung des Lagers. Wieder heulte und pfiff es durch die Luft, und wieder lagen wir platt auf der Nase, krochen auf allen Vieren nach dem nächsten starken Baumstamm, in der Hoffnung, durch ihn vor dem Steinregen geschützt zu sein.
Am Lagerzaun angelangt, bezogen wir kurzentschlossen auf meinen Vorschlag einen Splittergraben der SS. Von dessen Ein- und Ausgang beobachteten wir den Fortgang des grauenerregenden Schauspiels. Schwarze, graue Rauchwolken verdunkelten die Sonne trotz heller Mittagszeit. Die Sonne hing wie eine glühende Scheibe in der Finsternis. Gespensterhaft tauchte sie zwischen den schwarzen Schwaden auf und wurde wieder verdeckt. Dicht über uns zogen etwa 12 Bomber vorüber. Deutlich sahen wir die Brandbomben fallen. Kurz danach war die Luft voller Flugblätter. Noch waren aus der Richtung ,, Gustloffwerke" und DAW. schwere Detonationen zu hören, dann war der Angriff vorüber. Wir gingen zurück zur Arbeitsstelle. Die Straßen waren in Steinströme, der Exerzierplatz vor dem Wirtschaftsgebäude in einen Steinsee verwandelt. Wenn man bedenkt, daß bis auf eine Bombe vor dem Krematorium und einige Brandbomben auf die Desinfektion, Schuhmacherei, Schneiderei und Wäscherei das Lager selbst verschont blieb, kommt man zu der Schlußfolgerung, daß hier ganze und vor allem ungeheuer präzise Arbeit geliefert wurde.
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