hätten. Die Zivilisten schauten sich darauf gegenseitig vielsagend an. Diese vielen Hunderte von Russen waren wohl nach Buchenwald gekommen, aber nicht ins Lager.

Einen Russen hatten wir im Lager. Dieser war aber nicht aus der Sowjetunion , sondern aus dem zaristischen Rußland . Sein Name war Gregor Kuschnir- Kuschnareff Nr. 2711, geb. am 30. 9. 1884 zu Charkow . Er behauptete, daß er in Österreich , nunmehr Großdeutschland, im Auf­trag der deutschen Regierung auf Wunsch einer befreun­deten Macht( wahrscheinlich der Sowjetunion auf Grund des Vertrages mit Deutschland ) in Haft genommen wor­den war. Er stamme aus der Ukraine und nach seinem Namen sei nach der Februarrevolution 1917 eine zwei­monatlange Regierungsperiode als ,, Kuschnir- Kuschnareff­Aera" benannt worden. Besonders stolz behauptete er von sich, den Feuerbefehl der Schutz- und Leibgarde des Zaren im Palais gegen die anstürmenden Bolschewisten gegeben zu haben. ,, Leider" hätte man seinen Feuerbefehl nicht befolgt, bemerkte er traurig. Vom ersten Tage seiner Anwesenheit in Buchenwald spielte er sich sofort als 100% iger Antisemit auf und nahm jede Gelegenheit wahr, um sich bei der Lagerführung beliebt zu machen. Bald hatte er Verbindung zur politischen Abteilung( La­gergestapo), zum Adjutanten, ja selbst zum Komman­danten direkt. Er denunzierte alles, was er im Lager in Erfahrung bringen konnte und wurde somit eine der größ­ten Gefahren für uns alle. Nachdem im Jahre 1940-41 Todestransporte zur Ausprobierung von Giftgasen zu­sammengestellt wurden, war er es, der einen großen Teil alter politischer Häftlinge mit auf die Liste gebracht hatte. Nur unter Aufbietung aller Kräfte und Ausnutzung aller Verbindungen wurde dieser Anschlag gegen uns im letzten Augenblick vereitelt.

Dieser Mensch hatte dem Belschewismus und auch den Kommunisten der anderen Länder Todfeindschaft ge­schworen. Er nutzte die ihm hier gebotene Chance und übte eine fürchterliche Rache.

106