Welches Elend offenbarte dieser Saal.
Man hatte das Gefühl, daß jedes ärztliche Bemühen um Rettung dieser Elendsgestalten zwecklos sei, und daß alle diese Kranken mit den wachsgelben Gesichtern und den tiefverschatteten Augenhöhlen eine baldige, sichere Beute des Todes werden müßten.
Der Offizier schritt mit ernster Miene neben Dr. Gutmann dahin. Mitunter sprach er mit seinem Adjutanten und gab ihm einige Anweisungen, dann zog dieser sein Taschenbuch hervor und machte sich Notizen.
Aber wenn auch wirklich einige wenige Fälle ein gutes Ende nähmen, so würde doch der geschwächte Körper nie wieder werden, was er einst war. Die Einsamkeit und Stille dieses Raumes war wie zeitlos.
Draußen in der Welt pulsierte das Leben weiter, aber hier stockte es, als hätte es Furcht, sich zu zeigen vor ihm, der hier Herrscher war. Unaufhaltsam verrann der Lebensstrom.
Hier vorne oder weit hinten stand die Entscheidung zwischen Leben und Sterben. Bald würde dem noch eben Almenden das Reich des ewigen Schweigens aufgetan. Alles Frische, Schöne, Blühende war fern gerückt, als ob es nie existierte. So klein ist die Macht des Menschen geworden, daß der Lauf auf seinen Lippen erlosch und die Bewegung der Hand erlahmte. Freude, Willenskraft, Entzücken, alle Lebenstriebe waren verschwunden, nichts davon war mehr vorhanden als ein winzig schwacher Laut der Stimme. Nun waren sie elende, kümmerliche, zerbrochene Geschöpfe.
Wie tapfer hatten diese Frauen, die hier lagen, dem eisenharten Schicksal getrotzt. Wie sich dagegen aufgebäumt, dieser Gefangenschaft zu unterliegen,- denn es waren die Langjährigen, die drei, vier und mehr Jahre im Konzentrationslager verbrachten. Nun hatte sie der Tod belehrt, daß es kein Entrinnen aus den Gefängnismauern gäbe.
Die Müdigkeit, aus der Schwäche geboren, ließ die Schmerzen verstummen und das Leid vergessen. Aber
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