Wahrscheinlich genügt es Ihnen nicht, und Sie he­gen noch Zweifel."

,, Nein! Es ist gut! Sie sollen die Kranke sehen." Sie wandte sich an Peter. Dann trat sie noch einmal zu Manez und reichte ihm die Hand. ,, Halten Sie mich nicht für kleinlich. Die Verhältnisse zwingen mich dazu, strenge zu sein. Wir dürfen weder gegen die Regel verstoßen noch die Vorsicht außer acht lassen, die wir unseren Patienten schuldig sind."

,, Mein Gott, so sehr krank ist sie?!"

,, Entschuldigen Sie mich. Die Visite beginnt gleich." Schwester Irina verschwand schnell hinter der Saaltür. Peter stöhnte und preßte die Hände ineinander, ge­waltsam hatte ihn die Angst gepackt.

Manez sah auf die verschlossene Tür. Er drehte sich zu Peter um.

,, Eine wunderbare Frau!"

,, Ja, sie hat sich tapfer gehalten, wenn man bedenkt, welch' einen schweren Verlust sie gehabt hat. Das ein­zige Kind hergeben zu müssen, ist hart. Solch' ein sonniges, reizendes Mädel."

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Wir haben alle eine Hölle aushalten müssen. Jeder auf seine Art. Man hat gemordet: die Eltern, die Kin­der, Verwandte, wer kann die ganze Summe aufzählen. Wir wollen von besseren Dingen sprechen, jetzt, wo das Leben wieder richtig pulsiert.

,, Meinst du nicht, daß es für viele zu spät ist?" Manez antwortete nicht.

Man hörte Männerstimmen auf dem Flur. Den Gang entlang kamen einige Ärzte in Begleitung eines russischen Majors und dessen Adjutanten. Sie waren in einer anregenden Unterhaltung begriffen. Ein kleiner, sehr eleganter Herr schritt voran. Es war Dr. Gutmann, der nach Auflösung des Krankenhauses in der Sudetenkaserne die Leitung des Hohenelbe- Kran­kenhauses übernommen hatte. Der Chefarzt war eine äußerst gepflegte, mittelgroße Erscheinung. Die ge­scheitelten schwarzen Haare lagen festgebürstet am

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