Leben war ohne ihn unerträglich. Viele harte Worte mußte sie zu vergessen suchen. Nie hatte je irgendein Mann so zu ihr zu sprechen gewagt. Man muß lernen, im Leben sich zu demütigen, wenn man unrecht handelt. Er hatte das geringere Unrecht. Es wäre wohl leicht, ihm da die Hand zur Versöhnung zu geben, aber er kam nicht.
Wie häufig hatte Kitty zum Himmel aufgesehen und Gott um Hilfe angefleht. Aber so aufmerksam und innig sie den Horizont absuchte, der sie umgab, es geschah nichts. Keine Wunder. Der Himmel blieb unerreichbar fern und ebenso die Rettung.
Aber die Welt da draußen schwelgte in allen Daseinsfreuden und Genüssen. Die da draußen konnten es nicht verantworten, daß sie die Gefangenen hier vergaßen. Warum also noch hoffen? Jetzt ist der Anfang vom Ende. Wo nur Peter blieb? Seit vielen Wochen hatte sie ihn nicht gesehen. Tief saß die Reue und der Gram um seinen Verlust in ihrem Herzen.
Peters Liebe hielt nicht lange an,
Nach einigen Wochen war alle Leidenschaft für Tamara verschwunden. Es war ihm, als hätte er sie nie gekannt. Die Irrwege seines heißen Blutes hatten nach der Begegnung mit der geliebten Frau aufgehört. Er floh Tamara Weinstein. Sie hatte jeden Reiz für ihn verloren. Ihre noch so verführerischen Blicke und überredungskünste prallten an seinem festen Willen ab. Ein stetes ,, Nein" war seine Antwort. Achselzuckend schalt Tamara ihn einen Narren und gab es auf, ihn umzustim~ men. Böse ging sie ihres Weges. Zum Schluß sagte sie noch: ,, Solltest du je Lust verspüren, zu mir zurückzukehren, dann, mein Lieber- dergleichen habe ich viel durchgemacht bleibt dir meine Tür verschlossen."
Wenn er todmüde aus der Sprechstunde heimging, sprang er nicht wie sonst die Treppen der Magdeburger Kaserne hinauf, sondern stieg langsam wie ein alter Mann Stufe auf Stufe empor.
21*
Er liebte Kitty. Er sann darüber nach, wie er die
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