mir, Mutti. Ich möchte deine Hand halten. Wo bist du?"
,, Hier! Ich sitze ja bei dir, Kind."
Sie umschloß die Hand der Fiebernden.
,, Willst du nicht etwas essen?" Sie reichte ihre eine geröstete Weißbrotscheibe und deckte mit der anderen, freien Hand das Kind noch fester zu. Sonja wehrte ab. ,, Nein, Mutti, essen mag ich nicht!"
Eine Weile ist Stille.
,, Mutti?"
,, Ja, ja, Kind?"
,, Hast du mich lieb?"
,, Natürlich!"
,, Auch jetzt, wo ich ein so großes Mädchen bin?"
"
, Welche Frage! Eine Mutter liebt ihr Kind bis zum letzten Atemzuge."
,, Ich habe dich auch so lieb, Mutti, und ich freue mich so."
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, Worüber freust du dich, meine Sonja?"
, Weil du bei mir bist und ich nicht allein bin."
,, Wieso, fürchtest du dich etwa?", fragte ängstlich die Mutter.
,, Ja, Mutti, sehr! Es ist so dunkel um mich."
Frau Lupiskaja erschrak tödlich.
Der Morgen war in blendende Helle getaucht.
Ein breiter Sonnenstrahl lag als flimmerndes Band mitten im Raum. Durch das Bodenfenster, dessen Spalt geöffnet war, drang das Jubilieren der Vögel. Sonja hatte die Augen geöffnet. Sie nahm den Glanz des anbrechenden Tages nicht wahr.
Frau Lupiskaja hockte verzweiflungsvoll auf dem Boden am Lager ihres Kindes. Sie möchte ihre Not hinausschreien. Die Last der Sorge um das Leben ihrer Tochter ist so gewaltig, daß ein Klumpen sich in der Kehle ballte und ihr die Luft nahm. Sie konnte kaum atmen.
Die unruhigen Hände der Fiebernden fuhren auf der Decke hin und her.„ Mutti, bist du noch da?" Wie
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