,, Sieh, Peter, als ich den Gesängen lauschte, ganz im Banne des Gebotenen, stieg meine frühere Welt, in der ich immer gelebt hatte, aus der Versenkung empor. Ich sah mich an der Seite meines Mannes in der Loge des Stadttheaters sitzen, hingegeben den herrlichen Kunst­genüssen, und versunken war dann die ganze Umwelt. Es war eine harmonische Ehe gewesen, trotz des gro­Ben Altersunterschiedes, war er doch 23 Jahre älter als ich."

,, Ja, ich weiß", warf Peter ein ,,, du erzähltest mir da­von, daß du seine Schülerin gewesen warst, und fast noch ein Kind, als du heiratetest."

,, So kam es denn häufig vor, daß ich allein in der Loge blieb, und mein Mann, der als Kritiker einer der ersten Hamburger Zeitungen das musikalische Referat inne hatte, in das nahe gelegene Restaurant ging, um dort seinen Bericht über die Vorstellung zu schreiben. Mein lieber, guter Mann brauchte sich nicht so völlig zu verlieren, wie es bei mir der Fall war, denn neben sei­nen überragenden Kenntnissen als Fachwissenschaftler konnte er noch seine eminent künstlerische Begabung als Musiker in die Wagschale legen. Sieh', dadurch konnte ich alle diese herrlichen Kunstgenüsse voll aus­schöpfen."

Peter hatte sich gefreut, daß Kitty in ruhiger Weise erzählte und war ihren Ausführungen mit Interesse ge­folgt. Er forschte in ihren Zügen und sah, daß immer noch tödliche Blässe ihr Antlitz überzog.

Er war darum noch keineswegs beruhigt und fragte jetzt Kitty: ,, Hast du schon einmal von dem berühmten Psychologen Professor Siegmund Freud gehört? Er hat die Behandlung seelischer Erkrankungen auf eine neue Basis gestellt."

"

, Gewiß! Er war ein Verwandter meines verstorbenen Mannes."

,, Nun, dann würdest du mir vielleicht erlauben, einige Fragen zu stellen, die dich beruhigen. Er führt nämlich bei jeder Erkrankung seelischer Art ihren Ursprung auf

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