Helga Arnstein hatte häufig mit dem Gedanken gespielt, sich wieder zu verheiraten. Ihre kurze Ehe mit dem sehr viel älteren Manne war eine unglückliche gewesen. Sie hatten sich nicht verstanden, selbst dann nicht, als das Töchterchen zur Welt kam. In der langen Einsamkeit ihrer Tage hatte sie immer ein Verlangen nach einem warmen, freuen Herzen gehabt. Das Glück führte ihr nun in Theresienstadt einen so prächtigen Menschen entgegen. Auf den ersten Blick hatte sie an der offenen Natur Anthonys erkannt, wie ehrlich und aufrichtig seine Bewunderung war. Sie hatte diese Auszeichnung ihrer Person als ein Geschenk des Himmels angesehen und war innerlich vollkommen bereit, Anthonys Antrag anzunehmen.
Sie kleidete sich geschmackvoller, soweit es in ihren schwachen Kräften stand, als bisher, und man merkte ihrem ganzen Auftreten die gehobene Stimmung und den baldigen Wechsel ihrer Lebenslage an.
Anthony spürte Helgas Zuneigung mit einer dankbaren Freude und gab sich der inneren Sicherheit des Werbers ganz hin.
Wenn Hans lachte, so sah man seine schönen, weißen Zähne blitzen. So auch jetzt, als er des Bachstelzchens ansichtig wurde.
Sollte einem nicht Rührung überkommen beim Anblick dieser zarten, kleinen Frau? Ach, wie wollte er sie schützen vor jedem Windhauch. Nun winkte sie mit der Hand, und er zog schon aus weiter Ferne den Hut. Nähertretend sahen sich beide glückselig an.
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, Wie ist es Ihnen inzwischen ergangen, liebe Frau Arnstein ?"
,, Ach, mir? Es war nicht schwer mit der Arbeit. Durchaus nicht! Aber meiner Freundin, Frau Bergner, geht es seit Tagen nicht gut. Sie hat wieder eine Ohnmacht gehabt. Arme Kitty! Krankheit bedeutet nämlich Verlust der Stundenzahl und somit der Dekade, Hunger."
Anthony preßte den Arm Helgas zärtlich an sich und fühlte beseligt ihre Wärme. Er nahm plötzlich ihre
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