tete Ereignis der Verschickung aller Kleinen aus dem Jugendheim drückte diesem Transport ein besonderes Merkmal auf. Bislang waren wohl Niedergeschlagenheit und Trauer am Platze gewesen, aber jetzt fühlte man direkt ein Grauen. Obgleich keine bestimmten Gerüchte verlautbar wurden, denn in Theresienstadt drangen sehr selten politische Nachrichten ein, hatte man aber doch gehört, daß die Kinder ganz allein für sich verschickt werden sollten.
Auf dem Bahnhof waren die SS- Offiziere des Stabes persönlich erschienen, um den Abtransport zu leiten.
Es herrschte Totenstille in allen Straßen. Niemand durfte, während sich die lange Kette des Zuges zum Bahnhof bewegte, die abgesperrten Straßen betreten.
Kitty war nach dem Abtransport der Kinder nicht mehr zu gebrauchen. Ihr war, als ob der Boden unter ihren Füßen verschwunden sei. Tagelang sah sie die Kinder vor sich, wie sie follten, lachten und jubelten, und wie sie gefragt hatten: ,, Bleibst du immer bei uns, Schwester Kitty, wir sind doch deine Kinder, und du gehörst zu uns, nicht wahr?" Und wie sie die lieben Buben im Arm gehalten hatte, ängstlich besorgt, nicht einen dem andern vorzuziehen.
Kitty schlug die Hände vor ihr Gesicht und weinte.
"
, Warum, warum hatte man ihr die Kinder genommen? Nein, Gott war nicht barmherzig, wie konnte er ihr diese Freude nehmen?"
Wenn sie es nur gut bekämen, so wollte sie sich beruhigen. Die zarte, liebliche, unschuldige Jugend, wenn sie nur bestehen bleibt. Dann kamen wieder Stunden tiefster Erschütterung. Sie warf sich auf ihr Lager und rührte sich bis zum späten Abend nicht aus ihrem Zim
mer.
Kitty schien ganz gebrochen zu sein. Die strenge Schwester Susi war verschiedene Male bei Kitty gewesen und wollte sie bewegen, ihre Tätigkeit im Jugendheim wieder aufzunehmen. Aber Kitty schüttelte still abweisend den Kopf.
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