Keiner kannte das Reiseziel der Kinder. Man sorgte und fragte sich tausendmal die Stunde: wohin mögen die Kinder geschickt worden sein? Sie waren doch so gut versorgt und behütet worden. Und wie werden sie wohl jetzt gepflegt werden?
Kein Mensch war so dickfällig, bei den Klagen der Schwestern und den geflüsterten Besorgnissen der Ärzte kaltblütig zur Tagesordnung überzugehen und von anderen Dingen zu sprechen.
Ganz Theresienstadt war von der Nachricht des Kindertransportes erfüllt, obgleich er nur einen Teil des Gesamttransportes ausmachte. Kitty ging ein paarmal in die Magdeburger Kaserne, um sich über den Verbleib ihrer Kleinen zu erkundigen. Aber Auskunft erhielt sie nicht. Nur Bemerkungen wie, sie solle sich nicht um Dinge kümmern, die sie nichts angingen.
In weitem Umkreis der Kaserne, wo die bis zur Abfahrt in Frage kommenden Menschen des Transportes untergebracht waren, waren die Straßen abgesperrt und von SS - Mannschaften bewacht. Niemand durfte den Kordon überschreiten, sonst drohte Festnahme oder für den Betreffenden ebenfalls Transport.
Zu den großen Transporten hatten sich auch Freiwillige gemeldet, deren Angehörige verschickt werden sollten, aber immer glückte es ihnen nicht, mitgenommen zu werden.
In Theresienstadt ging es an diesen Tagen wie in einem aufgestörten Ameisenhaufen zu. Die SS - Lagerkommandantur hatte im ganzen einen Transport von 5000 Männern, Frauen und Kindern zur Verschickung angeordnet. Dem Befehl nach sollte dieser weit nach dem Osten geschickt werden. Genaue Angaben des Reiseziels wurden nicht gemacht.
Die Bevölkerung befand sich in einem Zustand der Aufregung wie nie zuvor, da Familien häufig getrennt wurden. Die Anordnungen der Kommandantur waren sprunghaft und willkürlich. Das Unbestimmte versetzte die Beteiligten in fieberhafte Erregung. Das unerwar
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