fast hilflosen und schwachen Frau. Auch der Durchfall wollte nicht weichen. So war Kitty mit Sorge, Umsicht und Ausdauer, auch in nächtlicher Pflege, bemüht, den kritischen Zustand ihres Lenchens zu bessern. Sie wollte um keinen Preis diese Frau verlieren. So groß auch ihre eigene Not war im Kampf mit dem Hunger und den Widerwärtigkeiten des Daseins, so ließ sie doch nicht nach in ihrer Ausdauer.

All die verschütteten Quellen der Lebensfreude ver­suchte Kitty immer und immer wieder freizulegen. Aber es wollte ihr nicht gelingen. Es schien ein anderer Geist Frau Böhmes Körper zu regieren. Sie verfiel zusehends. Der sonstige Heißhunger ließ nach, und an dessen Stelle trat Appetitlosigkeit , Kitty war ganz verzweifelt. Sie sann immer auf neue Mittel, die Magensäfte anzu­regen, aber Salzsäure war in keiner Apotheke zu be­kommen, so opferte Kitty ihre Milch und ließ diese sauer werden.

Das half! Ein wenig hoben sich die schwachen Lebens­geister wieder, und Kitty begann schon zu hoffen,-- da trat plötzlich ganz unvorhergesehen hohes Fieber ein. Frau Böhme sollte ins Krankenhaus kommen. Ver­zweifelt hatte Kitty Abschied von der ihr so lieben Freundin genommen.

,, Lenchen, nun wo ich nicht mehr um dich sein kann, versprich mir, deine Kräfte zusammenzunehmen, um gesund zu werden."

Lenchen hatte nur den Kopf geschüttelt.

,, Aber du willst doch mit mir wieder zurück nach Hamburg , ich flehe dich an, laß mich nicht allein hier in Theresienstadt, werde gesund!" Kitty weinte.

Zu der Krankheit waren noch seelische Aufregungen gekommen; seitdem Frau Silberstein mit der Schwieger­mutter unter einem Dach wohnte, kamen die Enkelkin­der wohl zum Besuch der Mutter, aber sie gingen nicht zu ihrer Großmutter hinein.

Als Kitty eines Tages nach der Essenausgabe ins Haus trat, erhielt sie gleich die Nachricht von dem Tode

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