Kennt dieser Mann dort oben auf dem Podium nicht die Gefahr, die ihn auch im engsten Kreise umlauert? Weiß er nicht, daß Spione unter den Gefangenen sitzen? Daß selbst die leiseste Andeutung der Wahrheit auf die kleine Festung, oder in den Tod führen kann? Joseph Manez fuhr fort: ,, Die Liebe heißt es, höret nimmer auf, und sie wird uns erlösen.
So ist bewiesen zur Genüge, daß sie auf Dinge muß gerichtet sein, die ewig sind. Daß sie dem Herzen ist in einer Weise eigen, die unzerstörbar ist.
Die schöne Welt im Sphärenklang der Liebe ist Harmonie und unser aller Ziel,
denn wenn ihr Odem uns einmal beseelt, sind wir im Innersten von allem Makel frei und unser Wesen ist gefeit vor der Gewalt des Bösen.
Dem Höchsten sind wir dann verwandt und spurlos frei von Schlacken ist die Seele."
Das waren die Schlußworte seines langen Vortrages. So unerhört ergriffen waren die Menschen nicht einmal bei den Gottesdiensten. So gepackt bis ins Innerste, vermochte sich kaum ein schüchterner Applaus vorwagen. Joseph Manez hatte sich mit einer Verbeugung zurückgezogen.
Nun erst erwachten die Zuhörer. Ein donnernder Beifall rief den jungen Dichter vor die Rampe. Immer wieder. Peter Vagas, Hans und Dr. Werner waren restlos begeistert.
Es tat ihnen die geopferte Zeit nicht leid, und sie beschlossen gemeinsam, diesen Mann, der sie bis ins Innerste ergriffen hatte, kennenzulernen. Sie versuchten sich einen Weg zur Bühne zu bahnen.
Auch Kitty hatte das Glück gehabt, rechtzeitig eine Karte zu erhalten. Sie befand sich unter den Zuhörern. Ja, wie recht hatte der Mann, wie dürftig und kleinlich war das irdische Treiben, wenn nicht hohe Gedanken dahinterstanden und die Blicke sich auf ein Ziel richteten, das der Seele diente.
93


