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blick in die Zukunft hervorbringen konnte? War er ein Auserwählter?
Ach, nein! Es war nur ein Dichter, aber ausnahmsweise einer, der wohl mit dem Kopf in die Wolken ragte, aber den Boden unter seinen Füßen behielt.
Das war das Wunder!
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Als die drei Herren die Treppe zu dem Blockhause, wo der Vortrag stattfand, bis zu dem Boden erstiegen hatten, kam ihnen der Platzanweiser entgegen und führte sie seitwärts an den dichtbesetzten Bänken vorbei zu einer Maueröffnung, die mit einem Vorhang verhüllt war. Sie schlüpften hindurch und befanden sich in einem Seitengange des Raumes unmittelbar dem künstlich aufgerichteten Podium gegenüber.
Joseph Manez war soeben eingetreten und hatte sich mit einer kurzen Verbeugung an den kleinen Tisch gesetzt, auf dem sein Manuskript ausgebreitet lag.
Auf seinem schmalen, tiefgebräunten jungen Gesicht ruhte eine freundliche Gelassenheit. Der regelmäßige Schnitt seiner Züge war typisch tschechisch. Dieser Menschenschlag zeichnet sich fast immer durch besonders schöne Gesichter und Gestalten aus.
Eine besondere Note wies seine Persönlichkeit auf den ersten Blick nicht auf, nur wenn er, wie eben jetzt, sich aufrichtete und seine Blicke über die Köpfe des Publikums schweifen ließ, sah man es den stahlblauen Augen an, welch' ein Wagemut in ihnen wohnte.
Er schien ganz frei von irgendeiner Erregung zu sein. Seine Brauen zogen sich zusammen, stählern spannten sich die Muskeln und ein Widerschein eines inneren Kampfes wie mit feindlichen Dämonen schien sein Seherblick zu verraten.
Er begann.
Atemlos verharrte die Menge.
,, Es würde um uns traurig bestellt sein, wenn unser Leben nur in dem Tagesablauf des Materiellen bestünde. Die Stützen, die unser Dasein sichern, müssen noch irgendwo anders wurzeln und verankert sein, weil hin


