ich habe einen jüdischen Vater gehabt einen jüdi­schen Mann geheiratet habe. Damit wurde ich für das Judentum erklärt und werde ebenso wie dieses be­handelt."

,, Aber dein verstorbener Mann ist doch schon lange tot, und du bist Witwe?"

,, Ja, gewiß, seit einigen Jahren. Aber das tut nichts zur Sache, trotzdem falle ich unter die Nürnberger Ge­ setze , weil ich an dem Stichtag, wo diese herauskamen, mit einem Juden verheiratet war. Mein Mann lebte da­mals noch. Allerdings wurden mir diese Zusammen­hänge erst klar, als ich von Amerika , wohin ich 1936 als Gast meiner Schwester reiste, zurückkam."

,, Was!" rief Lenchen ganz verwundert aus ,,, Du warst in Amerika und bist in diese Hölle zurückgekehrt?"

,, Ja, wie ich dir schon sagte, ich wußte ja über mich nicht genügend Bescheid, noch kannte ich die unge­heuerlichen, verwerflichen Gesetze Hitlers ."

,, Ach, du arme Deern, was hättest du dir ersparen können, wenn du drüben geblieben wärest!"

,, Da hast du wohl recht, Lenchen."

Seltsamerweise kamen nicht alle 13 Frauen in den Transport. Vier Frauen blieben zurück, und neun mußten noch am gleichen Tage ihre Sachen packen. Es bestand eine genaue Vorschrift für die Mitnahme des Gepäcks. Unter den erneut Deportierten befand sich auch die junge Frau Rubinstein, welche im Jugendheim als Kinder­pflegerin tätig war. Durch ihre Abreise wurde ihr Platz frei und Kitty meldete sich sofort mit dem ausgezeich­neten Empfehlungsschreiben von Dr. Gutmann und be­warb sich um diesen Posten. Sie wurde daraufhin im Jugendheim bei den Knaben als Kinderpflegerin ein­gesetzt.

Fräulein Löwenherz hatte sich vier Wochen nach dem Hinscheiden ihres Schwagers mit heftigen typhö­sen Krankheitserscheinungen hingelegt und war nicht wieder aufgestanden. Die Typhussymptome zeigten sich immer stärker und wurden von Tag zu Tag schlim­

5 Philipp, Die Todgeweihten

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