„Und nächstens pocht es leis ans Tor Und tausend Kinder stehn davor
Mit ihren Tränenkrügen
Und weisen still ihr Totenhemd
Und sehn uns schweigend an und fremd Mit schmerzversteinten Zügen.”
Das sind unsere Brüder und. Schwestern, die im„Keller'' wohnen. "Wo das Leben entflieht, wo die Zweifel nagen, wo nur einer der - Hausherr ist, der Tod, der alles zersetzt, was nur irgendeine Wirklichkeit für uns ist: den Leib, die Seele, GOTT , die Liebe, ‚die Religion, den Anstand, Vernunft und Menschenwürde— und ‚drum herum geht das Leben der anderen weiter, derer, die noch — noch!„obenauf' sind.
Meine Freunde gehet in die Keller! Dazu rüstet euch und die Kirche! Das Opfer der Liebe und der Hoffnung bringt heute am Tage der Inneren Mission, daß ihr euch zu dem bewegen laßt, was jener Mann aus dem Gefängniskeller zu Rom an anderer Stelle erbat„Haltet euch herunter zu den Niedrigen!”
Gehet hinab in die Keller unserer Mitmenschen, welcher Art _ und Tiefe und Dunkelheit sie auch sein mögen. Wenn euch die Luft der Gedanken und des Lebens, die ihr da drunten bei den antreffen werdet, auch den Atem verschlägt und euch an der Türe umkehren heißt; wenn es auch das kalte Wehen des
_ Todes in euer eigenes Leben bringt, und die bange Frage des
Zweifels, ob wir denn selbst wirklich so„obenauf” sind und nicht "alle mit in einem Kellerloch sitzen, über dessen Haustür steht „Lasset alle Hoffnung.draußen, die ihr eintretet!” Haltet euch _ herunter zu den Niedrigen, gehet in die Keller hinab, hinab,
meine Geschwister! Laßt uns nicht vorbei gehen, wie der Priester _ und der Levit vorbeigingen an dem, der unter die Mörder fiel.
Laßt uns auch nicht„oben“ einmal stehen bleiben und mitleidig ein paar gute Worte oder ein paar Mark denen herunterwerfen, - die da„drunten‘ sind als die Niedrigen! Gehet hinab, Stufe um h Stufe, wie das eben nötig ist, wenn man mit einem am Tisch sitzen _ will, der im Keller wohnt! Da muß man manches Feine, Selbst- verständliche und Heilige einmal hinter sich lassen und so recht der Zöllner, Sünder und Huren Geselle werden, wie es uns der Heiland vorgemacht hat:„Sehet, ER ist der Zöllner und Sünder - Geselle!" Das bringt gewiß nicht Titel und Ansehen bei euren "Nachbarn und Freunden.„Sehet....!" Mit den Fingern wird man auf euch zeigen. Aber darauf kommt es ja auch gar nicht an. Wohl aber darauf, daß ihr unten sitzt bei den„Kellermenschen“ an ihrem Tisch und Bett, wo das Stück Brot fehlt für den Tag und _ die Decke für die Nacht; daß ihr den Verwesungsgeruch ihres Lebens
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