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war lindernder Balsam für die schweren Wunden der grau­samen Vertreibung aus der lieben Heimat. Abbé Georges Stenger, Pfarrverweser in Moyeuvre- Grande , wurde vom Hoch­würdigsten Herrn Bischof von Nancy zum Vertreter aller im Bistum Nancy angestellten Flüchtlinge bezeichnet.

c) Die Gruppe des Jagdschlosses von Héming.

Stundenlang spazierten die Herren vor dem Schloss auf und ab. Warum wählte man diese stille Einsamkeit mitten im Walde?« Wir werden wohl hier erschossen?» tuschelte es sich von Ohr zu Ohr. Erst gegen zwei Uhr kommandierte ein Ge­stapobeamter:« Sich dem Alter nach aufstellen!» Als erster stand Pfarrer Albert von Kalhouse, schon 81 Jahre alt. Nun hub der Gestapochef, Lauer mit Namen, zu einer<< grossen»> Rede an, war aber, wie man es ihm ansah, sehr geniert, vor so vielen Geistlichen eine imponierende Rede halten zu müssen. Er begann:« Meine Herren! Sie hatten neun Monate Zeit, das Naziregime kennen zu lernen. Trotz der grossn Güte unseres Gauleiters Bürckel haben Sie sich als störender Faktor für den Wiederaufbau Lothringens erwiesen.» Abbé Demmerlé aus Zetting unterbrach;« Bitte, Tatsachen angeben zu wollen!>> Lauer, mit Ruhe, ohne sich beleidigt zu fühlen, aber mit don­nernder Feldwebelstimme, sichtlich froh, an seiner schlecht vorbereiteten Rede so billig vorbeigekommen zu sein:« Kurz, wollen Sie nach Deutsch - Ost oder nach Frankreich ?>>

Die 38 Priester und viele Wachtmänner bestiegen zwei mit roher Leinwand umhangene Autocars. Unterwegs konnten die Geistlichen protestieren, sticheln, ja Witze reissen, ohne dass die sonst so ungeschliffene geheime Staatspolizei grob geantwortet hätte. Sie hatte bestimmt scharfe Anweisungen erhalten, sich korrekt zu verhalten. Aus den vielen eingelau­fenen Berichten geben wir nur jenen des Pfarrers Julien Freund. Er schreibt:« Ich wurde nach meiner Messe mit einem recht lauten« Heil Hitler !» begrüsst, worauf ein herzliches « Grüss Gott!» folgte. Der Besucher hielt mir sein Ausweispa­pier mit der Inschrift unter die Nase:« Geheime Staatspolizei , Nr. 220.» Ein zweiter Agent meldete sich mit den Worten: « Wir müssen Sie nach Salzburgen bringen.» Das war eine Lüge. Im Waldschloss von Héming entwickelte sich folgendes Zwiegespräch, ein netter Beitrag zur Psychologie der Gestapo .

Der Agent:« Haben Sie die Reden des Gauleiters gehört?»> Der Pfarrer:« Welche Rede? Jene vom Tage des Einzuges in Metz habe ich gehört und gelesen.»>

Der Agent:« Die Reden, sage ich, nicht die Rede.>>

Der Pfarrer:« Ja, ich habe etliche gehört.>>

Der Agent:« Etliche... so... Na, da haben Sie auch ge­hört, dass der Gauleiter betonte, dass jedes hemmende Ele­ment beim Wiederaufbau von Lothringen nicht in diesem Land, bleiben darf. Ihr Benehmen dem deutschen Volk gegenüber war und ist eine Hemmung. Wollen Sie nach Polen oder nach Frankreich ?»>