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Herrig und ich wurden von den Herren Dunkern und Foulé empfangen. Eine freundlich gehaltene Ansprache gab uns die Sicherheit, dass die Geistlichen nach Innerfrankreich abgeschoben worden sind... Wir hatten 1940 genau 893 Priester, wozu seit dem Krieg noch 70 bis 80 hinzugetreten sind. Es verbleiben uns nur mehr etwa 470... Das Los der Ausgewiesenen ist zwar hart, wir werden es aber nach Möglichkeit zu lindern suchen. 2. Das Los der Angehörigen unserer Verbannten. Heisse Tränen fliessen in unsern Pfarrhäusern. Da sehe ich im Geiste 80- jährige Priestermütter, die seit Jahrzehnten friedlich mit dem Priestersohn im stillen Pfarrhaus gelebt hatten, und jetzt ist die Mutter allein. O, das ist hart, sehr hart. Brave Priestermutter, du wirst vielleicht sterben müssen ohne den letzten Segen deines Priestersohnes. Du gleichst Maria unter dem Kreuz. Du weinst, aber du hältst aus. Gottergeben sprichst du: Herr, dein Wille geschehe! Ich sehe im Geiste Priesterschwestern, die aus Liebe zum Priesterbruder auf die Gründung einer Familie verzichtet hatten. Wie glücklich waren sie in der gottgewollten Priesterfamilie! Nun hat der Tod bei ihnen Einkehr gehalten. Die Priesterschwestern weinen und klagen. wie Maria und Martha :« Herr, wärest du hier gewesen, dann wäre der Bruder nicht gestorben.» Lazarus wird auferstehen. Auch ihr werdet euere Priesterbrüder wiedersehen. Ich sehe im Geiste viele Pfarrhaushälterinnen mit rotgeweinten Augen, mit quälender Bitterkeit im Herzen. Auch sie beten wie Pater Liebermann:« Ich verstehe die Vorsehung nicht, aber ich bete die Vorsehung an»... Und ich denke an die vielen Tausend Pfarrkinder, die nun keinen Seelsorger mehr haben. Die Glocken vieler Kirchen schweigen. Der Altar steht verwaist da wie am Karfreitag. Kein Priester mehr auf der Kanzel, im Beichtstuhl, auf dem Kirchhof, wenn die lieben Toten eingebettet werden. Mit Entrüstung weise ich den Satz zurück, der dieser Tage in Weisskirchen gefallen ist: Jetzt könnt ihr eure Toten ohne Pfarrer einscharren. 3. Wir zurückgebliebenen Priester. Die Ernte ist gross, aber der Arbeiter sind wenige. Jeder Priester, auch der altersgraue, auch der kranke, wird nun einspringen mit Mut, Vertrauen und Ausdauer. Am letzten Montag haben 40 Geistliche in Bensdorf vor dem ausgesetzten heiligen Sakrament versprochen, Missionare in Lothringen zu werden. Zählt auf uns! Wir werden auf euch zählen. Höret die Gottesdienstordnung für unsere Gegend!... Heute halte ich Gottesdienst in Duss, Wirtzdorf, Kerperich und Hesselsdorf. Kaplan Haller besorgt die Pfarreien Geblingen, Burgaltdorf, Bessingen, Biedesdorf, Dommenheim und Oberlinden. Kaplan Neu bedient Niederlinden, Gisselfingen, Güblingen, Weisskirchen und Milzingen. Jeder legt an die 30 km per Rad zurück. Wir tun es gerne. Ich schwöre vor dem Tabernakel, dass wir mit Gottes Gnade nicht wanken werden. Pater Liebermann dient uns zur Nachahmung. 4. Das Dothringische Volk. Betet für uns, wie wir für euch beten. Bleibt Jesus ,, der Kirche, und euren Priestern treu! Eltern, lehret euere Kinder nun selbst! In der Not muss manches Kind von euch selbst getauft werden, und ihr müsst die Sterbegebete am Kranken
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