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Liebe zu den unglücklichen Angehörigen sagte ich zu, selbstverständlich mit dem Hintergedanken, dieser verhassten Gestapo jeden möglichen Streich zu spielen. So hatten wir wenigstens das Privatvermögen der Vertriebenen gerettet..
Freitags morgens drangen wieder zwei Agenten der Si cherheitspolizei mit gewohnter Katzenfreundlichkeit in mein Büro.« Herr Kommissar, entschuldigen Sie uns», sagte einer. süss lächelnd.« Es handelt sich um eine geringfügige Kleinigkeit. Wir suchen den polnischen Geistlichen Grzadka der sein Gepäck in Ihr Pfarrhaus niedergelegt hat. Wir erbitten von diesem Herrn nur einen winzigen Dienst, die Adresse eines seiner Kollegen.>>« O die Heuchler», dachte ich und sagte:« Gedulden Sie sich noch einige Tage. Der Pole hat sich überarbeitet. Ich riet ihm Ferien an. Am Montag morgen ist er abgereist. Sobald er bei mir vorsprechen wird, um sein Gepäck zu holen, benachrichtige ich Sie telephonisch.>> Die Beamten sahen sich die paar Habseligkeiten des Polen an und verschwanden. Ein paar Tage später schrieb mir abbé Grzadka mit falscher Unterschrift, dass er in Jarny angelangt sei. Ich liess ihm durch einen Boten mitteilen, er möge sofort im unbesetzten Frankreich verschwinden. Erst 1947 erhielt ich über den seeleneifrigen polnischen Mitbrúder folgende Nachrichten. Hypolite Grzadka ist 1910 in Lublin ge boren, 1934 zum Priester geweiht, seit 1935 Aumônier der ausgewanderten Polen in Bastide und in Algrange , 1941 aus Frankreich geflohen, ein Jahr später in Innerfrankreich verhaftet und kam Ende Mai 1943 nach Oranienburg , am Vorabend des Abtransportes von Pfarrer Seelig nach Dachau . Er starb im April 1945, kurz vor der Befreiung, im Lager von Bergen- Belsen .
Am Sonntag, den 3. August 1941 hörten meine Pfarrkinder von Dieuze folgende scharfe Ansprache, deren Text nach der Befreiung gefunden worden ist. Die Ausführung dieser Predigt zeigt uns so recht die aufgeregte Seelenstimmung, die damals alle Lothringer erfasst hatte. In der Einleitung wurde das Leben des Ordensgründers Liebermann kurz erzählt. Ich sagte dann wörtlich:« Ohne mich mit Liebermann vergleichen zu wollen, darf die Behauptung gewagt werden, dass ich zur Zahl der Vielbeschäftigten und Hartgeprüften gehöre. Am letzten Montag traf mich wieder ein harter Schlag. Die Gestapo führte unsern lieben Kaplan Lang nach Nancy . Ich schäme mich nicht der heissen Tränen, und auch Sie haben geweint. Abbé Lang ist ein eifriger Priester... Im Regen und im Schnee scheute er keinen Weg, um die Pfarreien Duss, Wirtzdorf, die beiden Linden, Medard, Burga'dorf, Bessingen, Biedersdorf, Geblingen und Dommenheim zu betreuen Ehre seinem Andenken! Viele unsinnige Gerüchte tuscheln sich von Ohr zu Ohr. Ein Wort der Aufklärung ist bitter nötig. 1. Ein Wort über die ausgewiesenen Mitbrüder. Am letzten Montag erfuhr ich, dass 13 Geistliche der Umgegend aus ihren Pfarrhäusern entfernt wurden, drei aus unserm Kanton. Sofort erbat ich eine Audienz bei dem SS- Oberführer Dunkern und eine solche bei Herrn Gauleiter Bürckel... Herr Generalvikar


