Es war acht Uhr. Er hatte eine halbe Stunde lang von den Rettungsmöglichkeiten geträumt und beschloß, den Abend im Freien zu genießen. Der warme Sommer­abend verlockte ihn, in den Baumgarten zu fahren. Das große Gartenrestaurant im Baumgarten wurde nur noch von Deutschen , hauptsächlich von der SS und deutschen Offizieren besucht, das Essen war dort trotz der Lebens­mittelknappheit noch immer ganz gut. Es war der erste Abend nach der Aufhebung des Standrechts, der erste Abend, an dem es einem Tschechen wieder erlaubt war, sich außerhalb seiner vier Wände blicken zu lassen. Fo­bich überlegte, ob er seine Geliebte besuchen solle. Er verwarf diesen Gedanken gleich; er wollte allein sein und sich ungestört mit seinen Rettungsplänen befassen. Im Baumgarten spielte heute wahrscheinlich eine Mili­tärkapelle. Bei den Klängen einer Militärkapelle hing er immer gern seinen Gedanken nach. Eine Militärkapelle machte nicht Musik, sondern Lärm. Er brauchte Lärm. Er versperrte alle Papiere und Aktenstücke, die er ge­prüft hatte, in seinem Schreibtisch. Alle Papiere und Aktenstücke waren in musterhafter Ordnung. Alle Vor­kehrungen für den morgigen Truppentransport waren getroffen, der Verkehr war so gewissenhaft geregelt wor­den, daß nach menschlicher Voraussicht kein Unglück geschehen konnte, wenn der Bewachungsdienst nicht versagte. Fobich stand auf und wollte nach seinem Hut greifen, als das Telephon läutete.

,, Halloh?"

,, Hier ist die Kanzlei des Reichsprotektors. Ist Herr Sek­tionschef Fobich anwesend?"

,, Hier ist Dr. Fobich."

,, Sie werden in der Kanzlei des Reichsprotektors erwar­tet. Können Sie in zwanzig Minuten erscheinen?"

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