nem eigenen Gewissen zu rechtfertigen. Er wollte sein eigenes Volk nicht begreifen, weil er zu feig war, sich die eigentlichen Beweggründe seiner Haltung einzugestehen. Er wollte sich nicht eingestehen, daß er ein verwöhnter Genußmensch war, der vor der Härte des Lebens Angst hatte und nie bereitgewesen war, sich in hartem Kampf zu bewähren. Er wollte sich nicht eingestehen, daß er gefürchtet hatte, sein Amt, sein sicheres Einkommen und vielleicht sein Leben zu verlieren wie so viele Männer, die es gewagt hatten, den Nazis entgegenzutreten. Er wollte sich nicht eingestehen, daß er außerhalb jeder Gemeinschaft stand. Er wollte sich auch nicht eingestehen, daß er dem Einfluß seiner deutschen Frau, die Hitlers Erfolge berauscht hatten, zuerst unwillig und später allzu willig erlegen war. Er hatte in den kritischen Sommerwochen des Jahres 1938, als die Angriffspläne des Dritten Reichs unverhüllt sichtbar geworden waren, kühl und nüchtern überlegt, welche Haltung er einnehmen müsse. Je brutaler sich die nackte Gewalt durchsetzte, desto leichter schien es ihm damals, die richtige Wahl zu treffen. Auf der einen Seite erblickte er ein aussichtsloses Aufbegehren und die Gefahr, den Martern eines deutschen Konzentrationslagers ausgesetzt zu werden, auf der andern Seite sah er die Möglichkeit, als einer der wenigen hohen tschechischen Beamten, die rechtzeitig die Notwendigkeit einer ,, realpolitischen Lösung" des tschechoslowakischen Problems erkannten, eine bedeutende Rolle zu spielen und auf einen Platz gestellt zu werden, der den Fähigkeiten und Neigungen des ehrgeizigen Mannes entsprechen würde.
Dalueges Drohung hatte in Fobichs Denken eine Revolution hervorgerufen. Er sagte sich unaufhörlich: Keine
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