ihn also aufgeben. Den älteren Sohn in Choceň wollte ich aber warnen. Ich hab ihn gut gekannt, er war ein guter Junge. Telephonisch warnen konnte man ihn nicht. Telegraphisch auch nicht; kein Telegramm hätte ihn er­reicht. Also hinfahren. Zehn Minuten nach zehn war ich auf dem Bahnhof. Während ich beim Schalter steh und die Fahrkarte lösen will, seh ich eine vom Perron kom­mende Eskorte. Den jungen Havelka. Ich hab noch schnell eine Fahrkarte gekauft, um nicht aufzufallen, dann bin ich der Eskorte nachgegangen. Ich hab ge­sehn, wie der junge Havelka in ein Polizeiauto hinein­gestoßen worden ist. Er hat mich nicht gesehn. Ich hab gewußt, daß ich ihn nie mehr sehn werde.- Die Nazis glauben, daß sie uns abschrecken, wenn sie uns und un­sere Familien hinrichten. Wenn sie wüßten, was für Men­schen wir sind, wüßten sie, daß jede Hinrichtung uns tausendfach in dem Willen bestärkt, immer größere Opfer zu bringen. Vielleicht wird keiner von uns übrigbleiben. Kann dieser Gedanke uns abschrecken? Mich nicht. Und dich auch nicht, Emil. Und Sie auch nicht, Herr Rada." ,, Ich werde meine Pflicht tun", sagte Rada.

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Eine Woche später, an einem Donnerstag, brachte er zum erstenmal Musil eine Information. Ein aus sechsunddrei­Big mit Munition beladenen Waggons bestehender Zug stand abfahrbereit auf einem Rangierbahnhof in Brünn . Es war festgesetzt worden, daß der Zug am folgenden Nachmittag, um 17 Uhr 15, abfahren sollte. Rada gab an, zu welcher Stunde und Minute der Zug die Statio­nen passieren würde, deren Personal der unterirdischen

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