geschoß bis zum sechsten Stockwerk bewohnt. Rada las die Namen aller Hausbewohner. Keiner hieß Novák. Nach kurzer Überlegung entschloß sich Rada, den Por­tier aufzusuchen. Er nahm sich vor, nach Nováks Adresse zu fragen, falls der Hausbesorger ein Tscheche war, und nach einem fingierten Herrn Zapletal oder Kunz zu fra­gen, falls der Portier ein Deutscher war. Einem tsche­chischen Portier durfte ein Tscheche Vertrauen schen­ken; ein tschechischer Portier, der einen Tschechen ver­riet, war eine Seltenheit. Trotzdem wollte Rada vorsich­tig und behutsam vorgehen.

Die Wohnung des Portiers befand sich in der Nähe des Aufzugs in einem verborgenen Winkel, den Rada nicht gleich fand. Er schellte. Ein etwa fünfzigjähriger dür­rer, mittelgroßer Mann öffnete und fragte, was Rada wünsche. Es war ein Tscheche. Trotzdem entschloß sich Rada nicht gleich, nach Novák zu fragen, obwohl er sich sagte, daß das häufige Vorkommen dieses Namens die Gefahr einigermaßen herabsetzte, weil es nicht unwahr­scheinlich war, daß in einem großen Prager Mietshaus irgendein Novák wohne oder gewohnt habe. ,, Ich wollte einen Bekannten besuchen, der hier gewohnt hat, aber ich finde seinen Namen nicht auf der Wohnungstabelle", sagte er. ,, Wie heißt er?" fragte der Portier. Rada ant­wortete nicht. Seine Unerfahrenheit machte sich schon beim ersten Schritt in die unbekannte gefahrenreiche Sphäre, in die er sich begeben mußte, geltend; sein Zö­gern mußte selbst einem harmlosen, uninteressierten Be­obachter auffallen. Der Portier schien jedoch keines­wegs ein harmloser, uninteressierter Beobachter zu sein. Er hatte ein kluges, wachsames Gesicht, kluge, wach­same Augen. Er blickte Rada prüfend an. Dann über­flog ein Lächeln sein Gesicht, und er sagte: ,, Wollen

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