ben Monate. Seit dem 2. Dezember haben wir keinen Brief."

Als sie im Juli wiederkam, standen auf der Kommode in dem Wohnzimmer Edmunds Photographien. Eine war ein sechzehn Jahre altes Familienbild; die Eltern saßen auf Korbsesseln, zwischen ihnen stand der vierjährige Edmund, der einen Matrosenanzug trug. Eine Photogra­phie zeigte Edmund als Elfjährigen. Er hatte auf diesem Bild die ernsten, besorgten Augen seines Vaters. Eine Photographie zeigte Edmund nach der Matura. So hatte er ausgesehen, als er verschwunden war. Jarmila be­trachtete die Photographien. Marie fragte: ,, Hast du kein Photo von ihm?" Jarmila sagte: ,, Nein; aber ich vergesse nicht, wie er aussieht." Marie blickte ihren Mann an und sagte: ,, Wir wollen ihr eine Photographie geben. Ist es dir recht?" Rada sagte: ,, Ja. Es gebührt ihr." Ma­rie sagte: ,, Aber welche? Sie hätte gewiß dieses Bild am liebsten." Sie berührte die Photographie, die Ed­mund als Achtzehnjährigen zeigte. Jarmila sagte: ,, Nein, ich mag es nicht. Ich brauch es nicht." Marie machte große Augen. ,, Ich weiß, wie er aussieht", sagte Jar­mila ,,, ich seh ihn vor mir, als ob ich ihn gestern ge­sehn hätte. Ich nehm es nicht. Ich nehm mir eins seiner Bücher, wenn ich darf." Marie und Rada führten sie in Edmunds Zimmer. ,, Ich nehm dieses", sagte sie und griff nach einem Buch ,,, das haben wir gemeinsam ge­lesen."

Sie erzählte, es sei ihrem Vater geglückt, aus Marseille nach Amerika zu entkommen. ,, Das ist schön", sagte Rada. Jarmila blickte in seine ernsten, graublauen Augen, die aufstrahlten und erloschen. Dann blickte sie in die flinken, rastlosen Augen Maries und sagte: ,, Vielleicht ist auch Edmund in Amerika oder in England. Es kommt

89