daß es im Winter dazu kommt. Daß Sie sich und das Le­ben Ihres Sohnes gefährden, um uns zu helfen, wäre also vorderhand sinnlos. Novák gibt Ihnen diese Infor­mation, damit Sie wissen, wie die Sachen stehen."

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Anfang Dezember kam ein Brief von Edmund aus dem Dachauer Konzentrationslager. Er schrieb, daß er ge­sund sei, sonst nichts; es war der vorgeschriebene Wort­laut aller Briefe aus den Konzentrationslagern. Rada war nach dem Empfang dieses Briefes sehr erleichtert. ,, Freust du dich nicht auch?" fragte er die seltsam stumpfe, fie­berhaft tätige, rastlose Marie. ,, Ja, aber..." antwortete sie und verstummte. Am nächsten Tag setzte Radas Ge­dankengang bei Maries ,, Ja, aber..." ein. Er sagte: ,, Der Brief ist drei Wochen unterwegs gewesen." Marie nickte trüb. Wer wußte, was seit der Absendung des Briefes in Dachau geschehen war?

Zwei Tage später kam aus einem norddeutschen Kon­zentrationslager ein an Edmund adressierter Brief von Jarmila. Rada und Marie sandten Edmund einen kurzen Brief. Jarmilas Brief sandten sie ihm gesondert nach. Gleichzeitig teilte Rada dem Mädchen mit, daß Edmund in dem Dachauer Konzentrationslager war.

Es ging das Gerücht um, daß man die jüngsten Studen­ten, die das zwanzigste Lebensjahr noch nicht über­schritten hatten, demnächst freilassen werde. Radas Hoff­nungen klammerten sich an dieses Gerücht. Nach Neu­jahr kam ein zweiter an Edmund adressierter Brief von Jarmila. Vielleicht hatte sie Radas Brief nicht erhalten. Wahrscheinlich sandte sie aber mit Vorbedacht den Brief

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