ruhigen, denn er hielt es für möglich, beim Eintreten Edmunds Stimme zu hören. Beide aber, der Mann und die Frau, wußten, daß es unsinnig war, diese Hoffnung noch immer nicht aufzugeben. Sie fürchteten jeden Tag, daß der Briefträger ihnen eine Urne bringen werde, ein Häuflein Asche. Jeden Tag brachte der Briefträger eine Urne, ein Häuflein Asche in ein Haus, das um einen Verhafteten, um einen Verschollenen bangte. Die Gestapo gab keine Auskünfte, aber sie sandte den Hinterbliebenen ihrer Opfer eine Urne, ein Häuflein Asche.
Rada überlegte tagelang, ob er den Sektionschef Fobich ersuchen solle, Nachforschungen über Edmunds Schicksal anzustellen. Wenn es einen Menschen gab, der von der Gestapo eine Auskunft erhalten konnte, war es Fobich. Aber eben deshalb konnte sich Rada nicht entschlieBen, diese Bitte auszusprechen. Vor Edmunds Verschwinden hatte er den Verräter Fobich verachtet, jetzt aber haßte er ihn. Fobich hatte nach Edmunds Verschwinden dem verzweifelten Rada gesagt: ,, Es tut mir leid, daß dein Sohn dir diesen Kummer macht. Aber laß nicht den Kopf hängen, der Junge wird gewiß bald entlassen werden. In ein paar Wochen wirst du ihn wieder haben." Von diesem Augenblick an führten sie nur noch dienstliche Gespräche. Rada wünschte Fobichs Mitgefühl nicht und empfand es als eine Erleichterung, daß der Verräter nur noch dienstlich mit ihm sprach. Aber als noch einige Tage und Nächte vergangen waren, ohne eine Spur gebracht zu haben, überwand Rada seinen Abscheu und sprach seine Bitte aus. Er bat Fobich, nach dem Schicksal des Verschollenen zu fahnden. ,, Das ist eine heikle Sache", antwortete Fobich ,,, denn solche Fragen sind äußerst unbeliebt. Ich will aber dir zuliebe trotzdem die Fühler ausstrecken."
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