rie im Wohnzimmer und regte sich nicht. Ihre flinken, rastlosen Augen, die immer eine Arbeit entdeckt hat­ten, die keinen Aufschub duldete, waren starr und leb­los. Sie starrten ins Leere. Rada wußte, was diese star­ren, leblosen Augen sahen. Seine Augen sahen, was Ma­ries Augen sahen. Die kleinen, scharfen, strahlenförmig sich ausbreitenden Fältchen, die seine Augen umgaben, waren über Nacht größer und schärfer geworden, als ob ein Messer seine einst rosigen Wangen zerschnitten hätte.

Wenn er nachts heimkehrte, ging er nicht zu Bett, son­dern setzte sich zu Marie. Sie fragte nicht, wo er ge­wesen sei und was er erfahren habe. Sie blieb stumm sitzen. Ihre abgearbeiteten, ruhelosen Hände, die jahr­zehntelang nur im Schlaf geruht hatten, ruhten auf ihrem Schoß. Rada blickte verzweifelt auf diese abgearbeite­ten, ruhenden Hände. Er versuchte nicht, Marie zu trö­sten, ebenso wie sie nicht versuchte, ihn zu trösten. Sie hatten einander nichts zu sagen. Sie wollten einander nichts sagen, denn sie wußten, daß jedes Wort den Schmerz nur vergrößern könnte. Gegen Mitternacht pflegte Rada zu sagen: ,, Wir müssen schlafen gehen.' Dann legten sie sich in ihre Betten, löschten das Licht aus und hofften, einschlafen zu können. In einer Nacht gelang es Rada, Schlaf zu finden, in der nächsten Nacht schlief Marie ein. Selten schliefen beide gleichzeitig. Wer einschlief, war beneidenswert. Denn wer schlief, war wenigstens bis zum Erwachen tot.

Nach neun Tagen hörte Rada auf, in fremde Häuser zu gehen. Er ging nach dem Dienst nach Hause. Er sagte zu Marie: ,, Es hat keinen Zweck." Sie verstand, was er meinte. Sie sagte: ,, Setz dich, du mußt ausruhen." Er sagte: ,, Ich bin nicht müde, aber es hat keinen Zweck.

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