für Tag, Nacht für Nacht waren in der letzten Zeit Mitbürger verhaftet worden, die man als ehrenhafte, makellose Menschen kannte. Es gab kaum einen ehrenhaften, makellosen Menschen, der nicht fürchtete, daß die Ge stapo ihn verhaften werde. Rada, der unauffällig lebte und seiner Familie immer wieder ans Herz legte, unauffällig zu leben, auf der Straße nicht nach links und nicht nach rechts zu blicken, kein unvorsichtiges Wort zu sprechen und keinen Unvorsichtigen anzuhören, fürchtete mehr als einen Gestapoüberfall den einstigen Jugendgefährten. Seit sieben Jahren war Fobich in unregelmäßigen Zeitabständen, in manchem Jahr dreimal, in manchem Jahr dreißigmal, in das kleine Amtszimmer gekommen, um seinem Lebensretter ein freundliches Wort zu sagen. Diese Anhänglichkeit hatte Rada oft in Staunen versetzt, denn Fobich stand im Ruf eines kühlen, berechnenden Strebers, der sich nur um einflußreiche Menschen, die ihm Nutzen bringen konnten, kümmerte. Seit dem 15. März hatte er sich in dem kleinen Amtszimmer nicht mehr blicken lassen. Trotzdem fürchtete Rada jeden Tag und jeden Augenblick, daß Fobich erscheinen werde. Diese Angst verfolgte Rada auch im Schlaf. Nachdem er den heiteren Fobich an der Seite des lachenden deutschen Generals erblickt hatte, träumte er eine Woche lang jede Nacht von der Begegnung. In einem dieser Träume betrat Fobich an der Seite des deutschen Generals das kleine Amtszimmer, lächelte Rada zu und sagte: ,, Herr General, auf diesen Mann kann man sich verlassen, ich kenne ihn seit meiner Kindheit."
Der Frühling ging vorüber, und Fobich besuchte das kleine Amtszimmer nicht. Auch auf der Straße erblickte Rada ihn nicht mehr. Es gab viele Unannehmlichkeiten im Amt, es gab manchen Schrecken. Aber Rada, der
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