Rada kehrte bedrückt in sein Amtszimmer zurück. Es ging ihm nahe, daß es gerade der Ministerialrat Fobich war, der sich bereitgefunden hatte, die Rede des Deut schen zu verdolmetschen; und nicht nur zu verdolmetschen, sondern zu mildern, zu verfälschen, um die der deutschen Sprache nicht mächtigen Beamten irrezuführen. War es ein Zufall, daß Fobich mit dieser Aufgabe betraut worden war? Ein Zufall, daß er gleich nach dem Einmarsch der deutschen Truppen am 15. März eine deutsche Kommission durch alle Amtsräume geleitet hatte? Rada sah das verdutzte Gesicht des jungen Pytlik vor sich, der ihn damals gefragt hatte: ,, Sie kennen den Ministerialrat Fobich gut, Herr Rada, nicht wahr?" Selbst der harmlose junge Pytlík, der nur ein halbes Jahr im Amt verbracht hatte und die Verhältnisse nur sehr oberflächlich kannte, hatte also gewußt, daß zwischen dem hohen Beamten und Rada eine Beziehung bestand, deren Ursprung und Art nicht einmal den Kollegen Havelka und Beran näher bekannt war, mit denen Rada seit sieben Jahren das Amtszimmer teilte. Sie wuẞten nur, daß Fobich und Rada gleichzeitig ein tschechisches Gymnasium in Prag besucht hatten. Mehr hatte Rada den neugierigen Kollegen nicht erzählt. Er hatte es nicht für erforderlich gehalten, ihnen zu verraten, daß er einmal Fobichs Lebensretter gewesen sei. Rada war sechzehn, Fobich vierzehn Jahre alt gewesen, als der Jüngere an einem heißen Sommernachmittag, kurz vor den Ferien, in Prag einem Moldaudampfer nachgeschwommen war und, plötzlich von einem Unwohlsein befallen, nicht die Kraft aufgebracht hatte, das Ufer zu erreichen. Obwohl der Dampfer überfüllt gewesen war, hatte niemand die Hilferufe des in Ertrinkungsgefahr Geratenen vernommen. Auch die vielen
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