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MIT MIR IN AMERIKA

gen und Beleuchten. Aber das Prinzip der Demokratie scheint ihnen jede Einschachtelung und Absonderung aristokratischer Minderheiten grundsätzlich auszuschließen und grundsätzlich muß man ihnen recht geben. Kunst ist Kunst, Meisterschaft Meisterschaft, der Klassiker und der Könner sehen sich mit der gleichen musealen Freundlichkeit und Strenge eingeladen durch den an alle, ohne Unterschied der Person und des Zeitalters ergehenden Weckruf: Künstler aller Länder, vereinigt euch! Leider vermißte ich als Österreicher die österreichischen Maler. Kein Waldmüller, kein Klimt, kein Schwind, kein Füger, kein Maulpertsch und kein Kremser Schmidt . Vielleicht, hoffentlich, wird sich das nach dem Siege ändern. Mein Freund, der öster­reichische Maler, versichert mir's.

Noch weiter als das amerikanische Museum scheint auf gleichem Wege das amerikanische Theater zu gehen, wie man schon in den ersten Monaten in New York merkt. Hier gibt es keine Klassiker- Pietät, was mit der Abneigung des New­Yorkers gegen die Tragödie zusammenhängt. Das fand schon vor fünfzig Jahren Mark Twain heraus, der das Theater beider Hemisphären kannte. Aber wenn er dem New­Yorker Theater eine unstatthafte Vorliebe für ,, mental sugar" vorwirft, so gilt dies heute oder galt zumindest vor ein paar Jahren, als ich in New York ankam, nicht mehr. Eher konnte man von durchgängiger mental bitterness, einem bitte­ren Rationalismus mit happy end sprechen. Aber zwei Vorzüge müssen dem zweidimensionalen New- Yorker Theater zugestan­den und können ihm gar nicht laut genug nachgerühmt werden. Es gibt hier keine reaktionären Stücke und keine technisch mangelhaften. Alles ist bis aufs letzte vorbereitet und bis aufs feinste ausgearbeitet sogar das Ordinäre. Worunter bei­spielsweise das Wiener Theater seit zwei Jahrhunderten litt: das Extempore, ist so gut wie ausgeschlossen. Nicht daß nicht auch die amerikanischen Schauspieler Schauspieler wären und

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