REPUBLIK BIS AUF WEITERES

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dortigen Landadels, unter denen sich auch eine meiner besten Freundinnen befand, die Abreise schwer machten. Eine von ihnen, die als leibliche Nichte der größten österreichischen Er­zählerin Marie Ebner- Eschenbach eine besonders gute literari­sche Kinderstube gehabt hatte, wußte ihn durch ihren Geist nachhaltiger zu fesseln, und als er schließlich halb widerwillig nach Karlsbad abgegangen war, kamen von dort Telegramme an sie des ungefähren Inhalts: ,, Was ist los? Habe seit zwei Tagen nichts von Ihnen gehört." Die geistreiche Dame, damals auch schon bei den letzten Austern im Dutzend angelangt, wie mir einmal Elisabeth Heyking schrieb, wußte, was sie dem ältesten ihrer Verehrer schuldig war; sie besuchte ihn sogar in Dänemark . Vorher hatte sie vorsichtshalber sein letztes Buch gelesen, was immer einen kritischen Augenblick in einer noch jungen Liebe zu einem erfahrenen Schriftsteller bedeutet. Es war der ,, Voltaire ", und als strenggläubige Katholikin hatte sie einige Einwendungen gegen das Thema wie gegen seine Aus­führung, die sie im Gespräch mit ihrem Verehrer offenherzig zum Ausdruck brachte. ,, Wir Katholiken fühlen uns durch solche Ausfälle gegen unsere Kirche verletzt", sagte sie unver­blümt. ,, Weil Sie eine Kuh sind!" antwortete Brandes noch un­verblümter. Die Baronin, eine geborene Gräfin Dubsky, öffnete fassungslos den Mund. Da kam ihr die gute literarische Kinderstube zustatten, die sie im Hause ihrer Tante genossen hatte, und in Erinnerung an die Schloßbibliothek auf Zdisla­wiz, in der sie auch den vom Beichtvater verbotenen Heine ge­lesen hatte, zitierte sie flink aus dem Gedächtnis:

,, O König Wisramrita,

Was für ein Ochs bist du!

Daß du so viel kämpfest und büẞest

Und alles für eine Kuh!"

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Brandes lachte und schloß die Lachende in seine Arme.

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