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ANFANG VOM ENDE UND ENDE VOM ANFANG
schweiften Glanzhüte der um die Mittagsstunde den Graben vergnügt abschreitenden Herren? Wo die blendend weißen Stehkragen, die Spazierstöcke mit Nashorngriff, die Lackschuhe des Kavaliers; wo die in Form einer Malerpalette den Kopf randenden ,, picture hats" der Dame, wo die Federnbüsche der Generäle? Wo der sorglos im Dreivierteltakt sich wiegende Schritt aller Straßenwanderer, dieser melodische Walzerschritt, so bezeichnend für die Wiener Straße ? Wo die Lust der gepflegten Wiener Gärten, wo der Pomp der Wiener Leichenbegängnisse? Der Blumenwagen voran, der auch bei schönstem Sonnenschein von schwelendem Laternenlicht umflackerte schwarze Totenwagen dahinter, mit goldbestickter schwarzer Sargdecke und einem in schwarzspanischer Kavalierstracht auf hohem Sitz thronenden Kutscher, dessen aufmerksames rotes Trinkergesicht unter schwarzbefiedertem Dreispitz mit hochgehaltenen Zügeln das verwickelte Gespann überwachte. Es waren sechs, unter ihren nickenden, schwarzen Federkronen im Schritt gehende Rappen, und auf den beiden vordersten die berittenen Leichendiener, auch sie in schwarz verschnürter Kavalierstracht, die rauchende Fackel aufs Knie gestemmt. Dazu eine kummervoll röhrende Blechmusik und ein Spalier von uneingeladenen Leidtragenden, die, in der engen Gasse aufgereiht, sich neidlos über die ,, schöne Leich" freuten. Ja, so war es in der Zeit vor dem Kriege, wo noch das Begrabenwerden ein Vergnügen war, zumindest für die anderen. Aber jetzt im verelendeten Nachkriegs- Wien war selbst der Tod ganz arm geworden. Eine Nische in dem von der Gemeinde Wien neu eingerichteten Urnenfriedhof, draußen am ,, Neugebäude ", kostete einen Bettel. Und so ist es nicht verwunderlich, daß die den besten Kreisen angehörigen Bettler sich in dem angrenzenden Krematorium lieber verbrennen ließen. Es war wohlfeiler und ging in einem.
Es war in jenen Jammerjahren, daß ich einmal um die Weih


