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ANFANG VOM ENDE UND ENDE VOM ANFANG

Punkte Ministerverantwortlichkeit noch im Stande völliger Unschuld befand.

Der damals ungefähr gleichaltrige Schwager des jungen Kaisers überbrachte Clemenceau einen vom österreichischen Minister des Äußeren, Grafen Czernin, nicht gegengezeich­neten Brief, in dem Österreich sich anheischig machte, Deutsch­ land zur Abtretung Elsaß - Lothringens zu bewegen. Clemen­ ceau , durch eine gleichzeitige Indiskretion des offiziellen Öster­ reich gereizt, veröffentlicht diesen Brief, statt ihn zu beant­worten. Der bloßgestellte Außenminister schlägt Lärm und stürzt. Der Kaiser ist blamiert. Der Krieg geht weiter.

Er ging auf einem Wege weiter, den der deutsche Charakter der deutschen Kriegführung von Fall zu Fall vorzuschreiben scheint. Der Deutsche siegt sich zu Tode, worauf England die bereits sprichwörtlich gewordene letzte Schlacht gewinnt. August 1918 war es der Durchbruch bei Chateau Thierry ; aber bereits einige Tage vorher wußte Ludendorff , wie er nachher erzählte, daß der Krieg allen seinen genialen Berechnungen zum Trotz endgültig verloren sei. Es wurde ihm plötzlich klar, während er durch das Fernglas einen von ihm anbefohlenen Sturmangriff beobachtete. Zu seiner namenlosen Überraschung war nichts mehr zu beobachten. Die bestdisziplinierten Truppen der Welt, zum blindesten Gehorsam und einer, den Sekunden­zeiger nicht aus dem Auge lassenden Pünktlichkeit erzogen, gehen aus ihren Schützengräben einfach nicht mehr heraus. Minute auf Minute vergeht, nichts rührt sich in der deutschen Stellung. Es war nicht einmal Meuterei. Nur Müdigkeit. Nur Ekel. Ein paar Minuten später stürmte dieselbe Truppe sogar und entrichtete brav wie immer den ihr abverlangten Blutzoll. Aber nicht, daß das andere hatte geschehen können; daß es möglich war, dies allein war das Entscheidende. Es ist, wie wenn das Herz durch den aussetzenden Puls melden läßt, daß es genug hat. Gleich darauf arbeitet es schon wieder und