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ANFANG VOM ENDE UND ENDE VOM ANFANG
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Frontabschnitt Auskunft gab. Er hatte ein rosiges, rundes, völlig bartloses Gesicht, das ebenso gut dasjenige eines jungen, eben vom Ball heimgekommenen Mädchens hätte sein können. Und mit diesem rosigen Frätzchen und der dazugehörigen Plaudermiene erzählte das blauäugige Herrchen, daß sie heute nacht zum erstenmal kanadische Gefangene gemacht hätten, darunter einen Schwerverwundeten, von dem sie aber doch noch allerhand über sein frisch von Übersee eingelangtes Regiment hätten erfahren können.„, Lebt er noch?" fragte der Major, der sich der weittragenden Bedeutung dieser Meldung in ungleich höherem Maße als das Adjutantlein bewußt schien. ,, Nein", antwortete das rosige Bürschchen: ,, Er war schwerverwundet und wir haben noch ein bißchen nachgeholfen..." Pause. Zigarette. Dieses ,, noch ein bißchen nachgeholfen" des bildhübschen Offizierchens mit dem rosig geweckten Jungmädelgesicht ist eine meiner unvergeßlichsten Kriegserinnerungen.
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Am Nachmittag des nächsten Tages schon wieder im Zug, der aber diesmal in östlicher Richtung fuhr, empfing ich in meinem Abteil den überraschenden Besuch unseres Majors, der gekommen war, um mir zu eröffnen, daß ich heute abend namens unserer Gruppe ein paar Worte an Feldmarschall Hin denburg werde richten müssen. Nichts lag weniger in meiner Absicht. Doch konnte ich mich auf dem Wege ins deutsche Hauptquartier daß der Ort Kreuznach hieß, erfuhren wir erst später der mir zugemuteten Höflichkeitspflicht um so weniger entziehen, als ich, wie der ältere Offizier lächelnd zu bedenken gab, vielleicht nicht damit einverstanden sein würde, was, wenn ich schwiege, ein anderer Wortführer unserer Gruppe auch in meinem Namen zu sagen haben würde. Ich nahm an und beschloß, mich auf das Unvermeidliche zu beschränken, ohne ,, die Welt am deutschen Wesen", wie damals üblich, im ,, Stahlbad des Krieges genesen zu lassen". Was ich und sie auch glücklich vermied.
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