DER NOVELLIST MELDET SICH ZUM WORT

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Im ,, Blumenmörder" wird, nicht ohne Absicht, die Baronin Suttner erwähnt, von der man bei ihren Lebzeiten sie starb kurz vor Ausbruch des ersten Weltkrieges im Ausland nicht viel gewußt hat, obwohl sie eine der rührendsten und im welt­bürgerlichen Sinne verdientesten Randfiguren unseres imperia­listischen Zeitalters war. In der nichts ernst nehmenden, immer mit Spitznamen heiter tändelnden Wiener Gesellschaft nannte man sie die, Friedens- Berta" oder auch die ,, Friedens- Tante". Daß sie etwas Tantenhaftes an sich hatte, konnte niemand leugnen, der ihr näher zu treten Gelegenheit fand; auch ich stand unter diesem Eindruck. Sie war eine ungemein fette alte Dame, als ich sie kennenlernte, mit einem gutmütigen runden Kuchenbäckergesicht, und man war, wenn man ihr gegenüber­stand, immer darauf gefaßt, daß sie in einen Sack greifen und einem ein Bonbon anbieten würde. Aber das Bonbon, das sie als Schriftstellerin der Welt anbot, war ein sehr ernsthaftes und gutgemeintes Buch; ,, Die Waffen nieder!" hieß es und enthielt, in Romanform, das für ihre Generation von Österreichern un­vergeßliche Erlebnis der Schlacht bei Königgrätz , desselben Königgrätz , über das Friedjung so deutschnational selbstzu­frieden dachte. Die Baronin Suttner wählte einen anderen Gesichtspunkt. Sie wußte aus eigener familiärer Erfahrung, was der Krieg in unserem ,, Maschinenzeitalter" ein anderes ihrer Bücher bedeutete, und wollte ebendarum seine Wiederkehr für alle Zukunft verhindern, zu welchem Zweck sie einen Verein gründete. Dafür erhielt sie noch rechtzeitig den Nobelpreis. Aber es bedurfte zweier Weltkriege, um ihr den ihr zukommenden Rang in der kummervollen Geschichte unserer Zeit anzuweisen. Es ist, bei aller Beschränktheit ihrer literarischen Mittel und ihres stilistischen Könnens, der einer österreichischen Florence Nightingale.

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Und nun meine beiden Geschichten:

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