144 ANFANG VOM ENDE UND ENDE VOM ANFANG

die den gewitterigen Tag flammend unter jagenden Wolken begruben, schienen dem aufgerissenen Auge des erschreckten Sommergastes wie ein faßbares Sinnbild. Der Geistliche, der unten im Markt einen rasch eingerichteten Kurs erster Hilfe in nähere Verbindung mit der Kirche brachte, zitierte mit leiser Stimme aus der Offenbarung des Johannes. Aber natürlich war dasGroße Tier die Entente oder, wie man bald deutsch - tümelnd sagen hörte: der Feindbund.

Eine Kriegserklärung jagte die andere, eine Siegesnachricht übertraf die andere. Wenn Freund Wassermann nachmittags zum Schach den kleinen Berg, das Rad vor sich herschiebend, heraufkam, rief er mir schon von ferne zu:40.000 Gefangene! 80.000 Gefangene! Liege! Namur ! Antwerpen! Mit weniger als 20.000 Gefangenen gaben wir uns überhaupt nicht mehr ab, bevor wir die Figuren aufstellten und eine weiter reichende Strategie entwickelten. Daß der Siegesmarsch durch das ver- gewaltigte Belgien in längstens drei Wochen in Paris mit einem dort zu diktierenden Frieden enden müsse, war jedem Sach- verständigen vollkommen klar, und leider waren wir von Sach- verständigen umgeben. Fragte man nach dem Warum dieser augenscheinlich gottgewollten Entwicklung, die der Vorsehung vom deutschen Generalstab vorgeschrieben worden war, so verschwammen die Argumente im Nebelhaften. Das letzte war allemal ein moralisches.Recht muß Recht bleiben! schrien diejenigen, die es soeben in Belgien gebeugt hatten, und das war wiederum der deutsche Generalstab. Sein Quartiermeister sorgte für das tägliche Siegesbulletin, das im Ton Rankescher Geschichtsschreibung unbeirrt von Geschoßhagel und Granaten- sturm mit heldenhaftem Gleichmut die Fanfare blies. Der Mann hieß nicht umsonst Stein, Stein ohne alles, Stein in lapidarer Gedrungenheit. Seine Wahrheiten wie seine Lügen waren wie in Stein gemeißelt.

Osterreich war von Haus aus die undankbare Rolle zugeteilt