INUND AUS DER WIENER GESELLSCHAFT 101

war, seiner stolzen Makkabäernatur entsprechend, einer der ersten, der sich dem Zionismus innerlich anschloß. Er war ein selbstbewußter Jude und nicht abgeneigt, sein Volk, solange ihm nicht das Gegenteil bewiesen wurde, für das auserwählte zu halten.

Einmal zu Beginn unserer näheren Bekanntschaft, als das Gespräch auf einen beiläufigen, von ihm nicht eben hoch eingeschätzten Bekannten kam, fragte ich:Ist er eigentlich Arier? und erhielt die abschätzige Antwort:Nun, ich glaube, das merkt man! Einige Wochen später entschuldigte Beer- Hofmann sich bei mir, da er mittlerweile erfahren hatte, daß auch ich nicht rasserein, in seinem Sinne, wäre. Ich erwiderte, seine Entschuldigung abwehrend, daß ich mir zufolge meiner gemischten Abkunft, mit einem Zionistenführer und einem königlich bayrischen Forstmeister in der Familie, Rassenvor- urteilein der einen oder anderen Richtung nicht gestatten könne. Immerhin, fügte ich hinzu, ließe sich nicht in Abrede stellen, daß Michelangelo , Mozart und Goethe auch nur Arier gewesen wären. Ich glaube, Mozart rettete die Situation. Beer-Hofmann liebt ihn über alles und brachte diese Liebe in einem unver- gänglichen Gedicht Gedicht in Prosa zum Ausdruck.

Überhaupt schließt er als Dichter biblischer Dramen bewußt an die österreichische Barocke an; seinJunger David und das wunderbare dramatische Oratorium ‚Jaakobs Traum schreiben sich unverkennbar vom Wiener Jesuitentheater her auf dem Weg über Grillparzer . Aber trotz dem die Eingangspforte seines schönen Wiener Hauses überschwebenden Davidstern, der den Nazi selbstbewußt zuvorkam,: war Beer-Hofmann der einzige Dichter meiner Bekanntschaft, die streng katholischen inbe- griffen, in dessen Vorzimmer es nach Weihrauch roch. Der leise Duft ging von den lieblich wurmstichigen Salzburger Barock- engelchen aus, die von der hohen Wand herab den Eintretenden grüßten. Wie wehmütig Österreichisch auch dies: der tolerante