AUF ALTEN WEGEN INS NEUE JAHRHUNDERT
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stische Gymnasium hatte Schwächen und Gebrechen. Man lernte dort mancherlei, was man im sogenannten stark überschätzten ,, Leben“ später nicht gebrauchen konnte. Aber man lernte etwas, das wichtiger ist als alles Gelernte, nämlich, daß man nicht nur des Nutzens wegen, sondern um des Lernens willen lernt, ohne dabei materielle Vorteile in Betracht zu ziehen. Der Idealismus dieser Auffassung ist ein Menschheitsgut, auf das wir mit oder ohne wüste Inseln nicht verzichten wollen.
Und darum bin ich für das humanistische Gymnasium und werde mir erlauben, bis zu meinem letzten Atemzug dafür einzustehen.
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Es gab natürlich noch andere Lehrkräfte an unserem Gymnasium als diesen Lateiner und jenen Griechen. Unser schwarzgelber Geschichtsprofessor- schwarz war sein Knebelbart, gelb das Rohrstöckchen, das er während seines Vortrags schwang sah wie ein Spanier aus, ohne einer zu sein natürlich, und der Deutschprofessor war ein Sudetendeutscher, dessen Nachkommenschaft, wenn er eine hatte, fünfzig Jahre später vermutlich ,, Heil Hitler !" schrie, bevor sie verschlungen wurde. Hingegen war unser zweiter Lateinprofessor, der uns später übernahm, seiner Abstammung nach ein Tscheche, was man seinem Deutsch und sogar seinem Latein deutlich anmerkte. Das ,, Arma virumque cano" klang in seinem Munde ungefähr wie„ Národny Listy". Aber er war ein der Gegenwart zugewandter, demokratisch, vielleicht sogar sozialdemokratisch fühlender Mann, der in diesem Sinne auch den Tacitus auslegte. Einmal, als es eine Stelle in der Aeneide zu übersetzen galt, in der von einem Pferd die Rede war, das aber eigentlich ein Streitroẞ war, fragte er den immer nur ,, Pferd" wiederholenden Übersetzungskünstler, ob es denn kein anderes, edleres Wort für Pferd gäbe, das er selbst zu suchen, aber nicht zu finden schien. Ich zeigte auf und
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