GARTEN DER KINDHEIT

D

er große österreichische Theaterdichter Arthur Schnitzler , der unter allen meinen Zeitgenossen den besten Dialog nicht nur schrieb, sondern auch sprach, äußerte einmal im Gespräch: ,, Es ist keine Kunst, seine Memoiren zu schreiben, wenn man ein schlechtes Gedächtnis hat!" Diese Warnung allein sollte mich abschrecken, meine Erinnerungen an das alte Öster­ reich auszupacken; denn ich habe ein leidlich gutes Gedächtnis. Doch würde selbst das schlechteste hingereicht haben, um ein Ereignis in Erinnerung zu behalten, das den Ausgang meiner Knabenjahre überschattet. Es war der ebenso plötzliche wie sinnlose Tod des österreichischen Kronprinzen Rudolf, der im Leben meiner Altersgenossen ungefähr die gleiche Rolle spielt wie der Anblick der ersten Leiche im Schloßgarten des ver­wöhnten Buddha. Verwöhnt waren wir ja, wenn auch keine Buddhas.

Natürlich erfuhren wir nicht gleich die nackte Wahrheit. Denn die für den Schulgebrauch unverwendbare nackte Wahr­heit war, daß der dreißigjährige Thronfolger seine achtzehn­jährige Geliebte und sich im Bett erschossen hatte. Was daraus entstehen sollte, lag damals noch, wie unser Griechischprofessor