und suchen viele Künste und kommen weiter von dem Ziel." Gerade die Demut würde uns zu jenem notwendigen Realisten unter Besiegten und Siegern machen, der dem deutschen Menschen von Natur so schwer fällt und heute nötiger denn je ist. Und wenn sich das kommende Menschenbild unseres Volkes jemals von dem der vergangenen Tage unterscheiden soll, dann wird es dies Neue sein: daß wir wieder demütig und das heißt: wahrhaft menschlich sein können: ,, Steiget herab, damit ihr aufsteiget, und möget ihr aufsteigen zu GOTT."
Und das deutsche Antlitz von heute ruft uns weiter zum Hartsein gegen uns selbst!
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Das war doch für jeden genau Hinsehenden unter uns die beklemmende Entdeckung, daß wir es wohl trefflich verstanden, hart gegen andere, nur nicht gegen uns selbst zu sein. Das müßte nun auch anders werden und würde nur die andere Seite der Demut vor GOTT und unserem Mitmenschen sein. Wir müssen es wieder lernen lesen Sie einmal in Jochen Kleppers Roman ,, Der Vater" oder in Otto von Taubes ,, Geschichte unseres Volkes", im Kapitel über Friedrich Wilhelm I., wie man das, macht hart zu werden im Selbstgericht über unsere deutschen Nationalschwächen und unsere persönlichen Mängel; hart zu werden in der Scheidung und Reinigung von allem Vergangenen in Kirche und Volk und Geschichte, das Unrecht und Verführung war und nach Sühne verlangt, nach der reinigenden Sühne irdischer Gerechtigkeit und aufrichtigen Selbstgerichtes ,,, damit es nicht auf dem Lande bleibe", wie Friedrich Wilhelm I. einmal zu diesem Thema bemerkt hat. Das widerspricht nicht dem göttlichen und menschlichen Gebot der Barmherzigkeit. Aber Barmherzigkeit, die nicht hart sein kann, meine Freunde, ist allerdings weder göttlich noch menschlich! Lassen Sie uns darum auch hart und ohne Menschenfurcht werden in der offenen Aussprache aller Sorgen und Nöte, die wir füreinander haben, und wer müßte das nicht wieder ganz neu lernen: das zu tun mit Verantwortung und Zucht und Barmherzigkeit?
Weiter ruft uns das deutsche Antlitz von heute zu neuem Horchen auf jahrzehntelang überhörte Stimmen, zu der neuen Erfahrung dessen, was Theodor Litt in entscheidender Stunde uns als das Wesen menschlichen Lebens und wahrer Geschichte auseinandergesetzt hat: die ,, Begegnung" mit dem ,, Anderen". Schließen wir uns doch wieder auf den Stimmen unserer Väter und aller Kulturnationen, denen wir uns in einem Maße verschlossen haben und das auch nicht erst seit 1933! daß schon damit der Vorwurf des Rückfalls in die Barbarei gerechtfertigt werden könnte, auch wenn es kein Buchenwalde und Auschwitz und Dachau im deutschen Volke gäbe. Ich meine nicht zu übertreiben, wenn ich Ihnen sage: es warten auf jedem Gebiete unseres menschlichen Zusammenlebens
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