Den Kommandanten hatte ich davon überzeugt, diaß ich es ehr meinte. Er ärgerte sich zwar darüber, daß die Aufseherinnen dauernd wegen lächerlicher Kleinigkeiten Meldungen machten, aber er tat mir nichts. Ich schickte ihm laufend Auszüge aus meinen Dichtungen, die ich im Bunker intuitiv verfaßte und deren erste mit den Zeilen schloß: „Liebe ist das Machtgebot, dem sich alles urgewaltig fügt, und in seiner großen Weisung liegt: ohne Liebe nichts zu unternehmen.“—„Für Ihre ‚arthafte Liebe‘ habe ich volles Verständnis!” erklärte mir der Komman- dant mit eleganter Verbeugung.— Als ich ihm hernach vom Bunker aus meinen„Glaubensmachtgesang der Liebe“ schickte, erklärte er mir I „Wenn Sie jetzt einen neuen Glauben einführen wollen, kommen Sie hier überhaupt nicht mehr heraus.“ Ich antwortete ihm, es gäbe wohl verschiedene Bekenntnisse, aber nur einen Glauben, diesen allerdings wollte ich wieder aufrichten.„Ich habe auch meinen Glauben!” sagte er daraufhin und ging.— Den nächsten Brief, in dem ich die Irreführung und Korruption der Partei, Gestapo und K.Z. berührte, warf er mir zer- rissen auf den Tisch und sagte nichts weiter als:„Ich habe Ihren Dreck nicht gelesen!“ Ich hatte ihn gebeten, mit mir zum Führer zu gehen, damit ich als Frau— ohne mich in die Politik einzumischen— erkläre, er solle die fortgesetzte Aufforderung der Zeitungen zum Haß abstellen, denn das müsse sich furchtbar am Volke räcken.„Wer Wind säet, wird| Sturm ernten.“ Außerdem prangerte ich Prof. Wagemann, denleiter E des Konjunkturinstitutes an, der im V.B. gewissenlose Artikel schrieb, darin er den Wiederaufbau der zerstörten Städte als Kleinigkeit für die moderne Technik hinstellte und eine Hochkonjunktur voraussagte. In 3 Jahren werde alles wieder hergestellt sein!— Als ich dann dem Kom- mandanten noch einmal schrieb und Vorschläge machte, wie das Massen- lager mit seinen Massenbetrieben zu arthaften Wirtschafts- und Lebens- formen zurückzuführen sei, drohte er mir mit den Worten:„Wenn Sie mir noch einmal schreiben, lasse ich Sie bestrafen!“ Von da an!habe ich nichts mehr mit ihm zu tun gehabt.— Die Aufseherin Mewes, eine ganz ungebildete Person, die das mit angehört hatte, freute sich, denn nun= konnte sie mich schikanieren.— Nach dem 20. Juli 1944 mußte ich meine Einzelzelle wieder verlassen und ins Lager zurückkehren, da der Bunker für Männer des 20. Juli gebraucht wurde. Meine Nachbarn im Bunker, der 80 Zellen faßte, waren Graf Westarp, Frau Henkel, später ein Pg. mit dem* 3 Goldenen Parteiabzeichen und höhere Militärs, dazu viele Ausländer als bloße Internierte.
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