reichen:Wer löst mir das Rätsel von Ravensbrück , daß die einen so dünn werden und die andern so dick? Der Empfang von Paketen löst das Rätsel nicht allein, es muß auch das ‚Vitamin B dabei sein!.

Im Herbst 1944 kamen Tausende von Häftlingen aus dem Lager Ausch»

witz, das in die Frontlinie gerückt war, nach Ravensbrück . Als sie nackt 4

zur Reihenuntersuchung im Revier antraten sahen wir Revierarbeiterinnen mit Staunen, daß die allermeisten sehr gut ernährt, viele sogar dick und fett waren. Wir fragten eine Auschwitzer Jüdin, die vorübergehend in der Schreibstube des Reviers mitarbeitete und dann vom Arbeitseinsatz auf einen selbständigen Posten in der Revierschreibstube eines Lagers im Sude- tenland versetzt wurde, wie das zusammenhinge, da doch aus Auschwitz

von furchtbaren Hungerkatastrophen berichtet würde. Die Betreffende klärte#

uns dahin auf, daß in Auschwitz noch viel mehr als in Ravensbrück die Posteninhaber sich alles leisten könnten, und daß man auch nur die Leistungsfähigen nach Ravensbrück gebracht habe.

Mit Dank denke ich noch heute an Hilde Schipanek, die mir Anfang 1944, als ich die letzten Wochen auf Block 14 war, öfters ein paar Kar-

toffeln aus Block 1 brachte. Ich habe das später an anderen hundert- fach gutgemacht. Hilde Schipanek wurde, wie ich hörte, bald nach ihrer Entlassung in Potsdam wieder eingesperrt, weil sie die Schweige- pflicht nicht gehalten hatte. Wer rückfällig wurde und zum zweiten mal ins Lager kam, hatte zum Empfang 25 Stockhiebe und dann 1 Jahr Strafblock zu gewärtigen. Der Strafblock war noch besonders umzäunt.

Die meisten hatten dort harte Außenarbeit zu leisten. Turi, eine öster- 7

reichische Schriftstellerin, war Anweisungshäftling für die Lagerpolizei und hatte besondere Funktionen im Strafblock. Sie hatte den Strafblock durch schmissigen Gesang äußerlich in Schwung gebracht.

Jeder Häftling mußte seine Nummer an Kleid und Jacke aufgeheftet tragen und darüber denWinkel. Das Lager klassifizierte die Häftlinge sozusagen weltanschaulich mittels Farben: diePolitischen rot, die Berufsverbrecher grün, dieAsozialen schwarz, die Bibelforscher lila...(ich erhielt am 6.8.43 einen roten Winkel mit der Nr. 21844).

DieFlitzer bekamen je nach der Zahl ihrer Fluchtversuche runde Plaketten in ihrer Farbe angeheftet. Eine Auszeichnung war die Arm- binde: für den Blockstab grün, die Anweisungshäftlinge rot, die Revier- arbeiterinnen gelb usw. E

DieSchwarzen (Dirnen) und dieGrünen(die vorher im Zucht-

haus gesessen, darunter auch viele frühere Krankenschwestern wegen 4 Abtreibung) waren in besonderen Blocks untergebracht, es sei denn, daß sie sich für bestimmte Capo-Posten eigneten und bewährten. Ein

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